: Wenn man zu alt und zu krank ist im Wartezimmer
Die orthopädische Gemeinschaftspraxis hier in Bremen ist gepflastert mit Plakaten, auf denen „die Politik“ dafür verantwortlich gemacht wird, dass Ärzt:innen und ihre Mitarbeiter:innen zu viel Zeit für Bürokratie aufwenden müssen, die ihnen für die Patient:innen fehle.
Im Wartezimmer erhebt sich mühsam eine Frau aus ihrem Stuhl und humpelt mit ihren Krücken zur Tür. Eine junge Sprechstundenhelferin hat sie zu sich zitiert, sie hat eine Frage zu einer Überweisung. Die Frau versteht sie nicht und bittet die Arzthelferin lauter zu sprechen, ihr Hörgerät sei kaputt. „Ich habe laut genug gesprochen“, entgegnet die und verschwindet.
Bremen
569.400 Einwohner*innen.
Bremens Bevölkerung ist jünger als im Bundesdurchschnitt. Aber auch dort steigt laut einer neuen Studie der Anteil der Über-65-Jährigen von 21,3 Prozent 2020 auf 25,2 Prozent im Jahr 2040.
Die Frau lächelt müde. „Ich habe seit Wochen starke Schmerzen“, sagt sie. „Als ich das eben sagte, hieß es ‚und dann kommen Sie erst jetzt?!‘“ Dabei wäre sie gerne früher gekommen, sagt sie, aber erst bekam sie niemanden ans Telefon und dann keinen Termin. „Es bringt nichts, sich aufzuregen“, weder über die Plakate, noch über die unfreundlichen Mitarbeiterinnen. Sie sei 84 und habe sich eigentlich vorgenommen, 90 zu werden. Aber zu oft erlebe sie, dass für alte und kranke Menschen wie sie kein Platz in der Gesellschaft sei. Eiken Bruhn
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