US-Fußballerinnen im Halbfinale: Alles wieder auf Anfang
Die US-Fußballerinnen stehen trotz schwankender Leistungen im Halbfinale des W Gold Cup. Bald ist die Wartezeit auf Wunschtrainerin Hayes vorbei.
E s war die Dominanz der alten glorreichen Tage, welche die knapp 17.000 Zuschauer am Montag an der Heimstätte des Los Angeles FC von den US-Fußballerinnen vorgeführt bekamen. Die Kolumbianerinnen, bei der letzten WM noch als Überraschungsteam gefeiert, konnten einem leidtun. Durch den Dauerdruck ihrer kraftstrotzenden Gegnerinnen reihte sich ein Fehler an den nächsten. „Vielleicht hätten wir noch ein paar Tore mehr schießen können, aber die Aufgabe bestand darin, weiterzukommen, und das haben wir geschafft“, bilanzierte Interimstrainerin Twila Kilgore nach dem 3:0-Erfolg.
Ihr Team trifft nun im Halbfinale des Concacaf Gold Cup am Donnerstag in San Diego auf Kanada. Und ein Titelgewinn wäre mit noch größerem Prestige verbunden. Zum neuen Format des Kontinentalturniers der nord-, mittelamerikanischen und karibischen Staaten wurden dieses Mal als Gäste die vier besten südamerikanischen Teams eingeladen.
Beim Erfolg gegen Kolumbien dürfte für die Protagonistinnen aber mehr der therapeutische Effekt für die Stärkung des angeschlagenen Selbstbewusstseins bedeutsam gewesen sein. Von Machtdemonstrationen alter Tage ist das Team dann doch weit entfernt. Der Schock der Vorwoche saß tief, als die Gastgeberinnen völlig überraschend Mexiko mit 0:2 unterlagen und gerade mal einen Schuss aufs Tor zuwege brachten.
Stürmerin Alex Morgan, eine der wenigen verbliebenen aus der alten Erfolgsgarde, warb mit Blick auf den Zeitenwandel im Frauenfußball um Nachsicht. Die Teams würden sich nicht nur auf den amerikanischen Kontinenten, sondern auf der ganzen Welt verbessern.
Warten auf Emma Hayes
In lebendiger Erinnerung dürften ihr dabei noch die WM-Spiele im vergangenen Jahr in Australien und Neuseeland gewesen sein, als die USA sich gegen vermeintliche krasse Außenseiter wie Vietnam (3:0) und Portugal (0:0) schwertaten und dann bereits im Achtelfinale – so früh wie noch nie – gegen Schweden im Elfmeterschießen ausschieden. Das Selbstvertrauen auf die eigene Stärke ist dem US-Team also schon seit geraumer Zeit abhandengekommen und zudem eine Ausnahmespielerin wie Megan Rapinoe, die im Herbst ihre Karriere beendete.
Emma Hayes, die den FC Chelsea in England zu sechs Meistertiteln coachte, soll die USA ab Juni möglichst wieder zu alter Stärke zurückführen. Für das Warten auf die englische Wunschkandidatin nimmt der Verband auch gewisse Reibungsverluste beim Verjüngungsprozess des Nationalteams in Kauf.
An großen Talenten mangelt es keineswegs. Beim W Gold Cup machten die 19-jährige Jaedyn Shaw mit drei Treffern, einer davon gegen Kolumbien, und die 18-jährige Olivia Moultrie (2 Tore) auf ihre Offensivstärken aufmerksam. Und die 23-jährige Sophia Smith, der bei der WM noch der Durchbruch zum Weltstar vorausgesagt wurde, kam gegen Kolumbien gar nur als Ergänzungsspielerin zum Einsatz. Interimstrainerin Twila Kilgore hatte nach der Enttäuschung gegen Mexiko gleich sechs Spielerinnen aus der Stammelf genommen. Der Auftritt gegen Mexiko war somit auch ein Nachweis, wie breit der Kader der US-Frauen aufgestellt ist.
Die Suche, in welcher Zusammenstellung es am besten funktioniert, dürfte auch durch den anstehenden Trainerinnenwechsel andauern. Aber Niederlagen, das weiß man besonders in den USA, haben immer auch etwas Gutes. Torhüterin Alyssa Naeher sagte: „Normalerweise hat man, wenn man in einem Turnier verliert, nicht die Gelegenheit, sich sofort zu revanchieren.“ Das Team habe einfach auf „Reset“ geklickt. „Lasst uns daraus lernen, aber machen wir weiter.“
Vielleicht bekommen die US-Frauen sogar die Gelegenheit zur direkten Revanche. Mexiko bestreitet das andere Halbfinale gegen Brasilien. Im Finale könnten sich die Teams am Sonntag in San Diego wieder gegenüberstehen.
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