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Archiv-Artikel

Bombe Radio Bavaria

Der Rundfunkrat soll den Übergang der Fernsehproduktion an die Bavaria-Gruppe absegnen. Personalräte aus Hannover protestieren

Von kawe

Bremen taz ■ „Mit großer Betroffenheit“, schreibt der Personalrat, habe man den Beschluss des Verwaltungsrates vernommen, ein Drittel der Belegschaft von Radio Bremen auszugliedern. Am kommenden Dienstag soll der Vorgang vom Rundfunkrat „zur Kenntnis genommen“ werden. „Ungerecht, unsozial und falsch errechnet“ sei das Vorhaben, schreiben die Personalräte. Absenderadresse ist Hannover – es handelt sich um den Personalrat des NDR, der da für die Kollegen von Radio Bremen an die Öffentlichkeit geht. Bernd Graul, Personalratsvorsitzender von Radio Bremen, schweigt öffentlich. Er werde am Dienstag im Rundfunkrat eine Stellungnahme abgeben, sagt er. Als Mitglied in dem neunköpfigen Verwaltungsrat, der die Pläne beschlossen hat, sei er zu Vertraulichkeit verpflichtet.

Das letzte Mal, als der Bremer Personalrat zu diesem Thema nach einer internen Verwaltungsrats-Sitzung an die Öffentlichkeit ging, war Intendant Heinz Gläsgen stocksauer und das scheint nach Monaten noch als Maulkorb zu wirken. So muss man die Erklärung aus Hannover als Ersatz lesen für das, was der Bremer Personalrat vielleicht sagen könnte: Die Personalräte wehren sich gegen die „Zwei-Klassen-Gesellschaft“ mit zwei Tarifverträgen und warnen davor, dass Radio Bremen in Abhängigkeit von einer privaten Firma gerate.

Das Papier, in dem der Rundfunkrat über die geplante Outsourcing-Strategie informiert wird, enthält nur allgemeine Zielzahlen über die Einsparungen. Von Radio Bremen nicht genutzte Kapazitäten sollen durch Fremdaufträge ausgelastet werden. Radio Bremen soll Dritt-Aufträge in einem Umfang von 1,3 Millionen Euro Umsatz akquirieren. „Selbst wenn die erwartete zusätzliche Eigenakquisition misslingen würde“, heißt es vorsichtshalber, „würde dies den erwarteten Erfolg nur um 100.000 Euro mindern“.

Da die Produktionsfirma eine von der Bavaria mit 51 Prozent beherrschte Tochterfirma ist, müsste der Rundfunkrat von Radio Bremen seine Kontrollrechte über den gesamten technischen Bereich von Radio Bremen und die in Auftrag gegebenen Film-Produktionen aufgeben.

Was das bedeutet, wird gerade in dem bundesweiten Marienhof-Skandal der Bavaria deutlich: Die Produktionsfirma Bavaria hat offenbar über Jahre systematisch „produktplacement“ betrieben, also gegen Geld und Vertrag Schleichwerbung in für die ARD produzierten Filmen untergebracht. „Dies ist der schwerwiegendste Fall, den ich in meiner ganzen Amtszeit je hatte“, sagt der Intendant des Westdeutschen Rundfunks, Fritz Pleitgen. Warum hat das niemand gemerkt? „Diese Frage stellt sich in der Tat, und ich stelle sie mir auch“, sagt Pleitgen. „In den Verträgen steht klipp und klar, dass so etwas untersagt ist.“

Das kleine Radio Bremen wäre der großen Bavaria in noch weitergehendem Maße ausgeliefert als die großen ARD-Anstalten, die auch die großen Anteilseigner der Bavaria sind. kawe