: Wer rettet das sinkende Schiff?
Bremens Finanzminister Ulrich Nußbaum ist bei der Klage über fehlende Steuereinnahmen nicht allein. Auch die anderen Länderfinanzminister müssen dramatische Haushaltslöcher stopfen. Wer Bremen saniert, bleibt unklar
bremen taz ■ „Das ist doch hier auch ein bisschen ein Symbol.“ Bremens Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) steht im Rumpf der Pride of America und grinst. Im Januar 2004 war das Kreuzfahrtschiff in einer Sturmnacht in Schräglage geraten und auf den Grund des Hafens gesackt. In der Bremerhavener Lloyd-Werft wird es nun in den nächsten Tagen fertig gestellt und geht auf große Fahrt. So hätte Nußbaum das gern mit den Bremer Finanzen: „Die müssen wir auch wieder flott kriegen.“
Die turnusmäßige Konferenz der Finanzminister der Bundesländer in Bremen hätte da eine Gelegenheit sein können, um auf eine Neuregelung im Länderfinanzausgleich zu drängen. Nußbaum begrüßte seine Kollegen auf dem Luxusliner in Bremerhaven, bevor es in die Arbeitstagung ging. Doch dort habe er gar nicht auf die klamme Bremer Finanzlage hinweisen müssen. „Alle Länder sind in einer dramatischen Haushaltslage – auch Bayern“, sagte der Vorsitzende der Konferenz, Bayerns Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU). Dennoch zählt der Freistaat als Geberland des Länderfinanzausgleiches zu den reicheren Staaten. Eigentlich könnte Bayern dann doch gleich Bremen übernehmen: So würde Faltlhauser Geld sparen und der Freistaat hätte zudem noch einen Hafen. „Ich bin zwar gerne hier, aber die politischen Mechanismen sind dann doch andere“, sagte Faltlhauser auf der Pride of America. Bayern unterstütze gern die anderen Länder, seit es 1989 vom Nehmer- zum Geberland wurde.
Der Freistaat leide wie alle anderen Länder unter fehlenden Steuereinnahmen. Seit 1999 sind die Einnahmen von Bund, Ländern und Kommunen von 629 auf 610 Milliarden Euro gesunken. Angesichts dieser Lage gelte für alle, dass für „weitere Steuersenkungen kein Raum“ sei, erklärte der rheinland-pfälzische Finanzminister Gernot Mittler (SPD). Darüber sei man sich in der Runde der Finanzminister einig. Aber Kurt Faltlhauser musste dann doch noch sagen, dass die Wirtschaft angeschoben gehöre: „Deshalb kann man nicht undifferenziert sagen: Weitere Steuersenkungen machen wir nicht.“ In die Debatte über eine mögliche Erhöhung der Mehrwertsteuer wollte er sich aber nicht einmischen.
Um aus der schwierigen Haushaltslage herauszukommen, müssten die Länder versuchen, keine neuen Schulden aufzunehmen, Wachstum anzustoßen und die Lohnnebenkosten zu senken. Dazu komme einer Steuervereinfachung. „Dabei gilt der alte Grundsatz: Weg mit den Ausnahmen, runter mit den Sätzen“, argumentierte Faltlhauser. Das Steuersystem gehöre an die Richtlinien der EU angeglichen.
Und die Bremer Finanzen? „Ich werde den Teufel tun und mich in Bremer Angelegenheiten mischen“, sagte der scheidende nordrhein-westfälische SPD-Finanzminister, Jochen Dieckmann. Bleibt nur die Hoffnung, dass Bremen durch Bundeshilfe aus dem Verschuldungsdilemma befreit wird. Finanzsenator Nußbaum bleibt im Bild des flott gemachten Schiffes. Die Pride of America kann drei Monate autark auf den Meeren kreuzen. Und wie sieht es mit der Selbstständigkeit Bremens aus? Nußbaum: „Ein Schiff kann sich ja auch von einem anderen auf See versorgen lassen.“
kay müller