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Neuer Stern am Batteriehimmel

Chinesische Autohersteller bringen erste Modelle mit Natrium-Ionen-Akkus auf den Markt. Die Technik hat viele Vorteile im Vergleich zur Lithium-Variante, aber einen Nachteil

Natrium ist in Salz enthalten, davon gibt es viel, so wie hier auf Mallorca Foto: Conny Bruns/Zoonar/imago

Von Bernward Janzing

In China haben erste Autohersteller mit der Serienfertigung von Fahrzeugen mit einem neuartigen Batterietyp begonnen, so berichten es zahlreiche Branchendienste. In den Batterien wird statt des knappen Lithiums das deutlich häufiger verfügbare Natrium eingesetzt. Die ersten Modelle mit der neuen Zellchemie sind zwei Kleinwagen, der Yiwei 3 der Anhui Jianghuai Automobile Group Corporation (JAC) und der EV3 der Firma Jiangling Motors Electric Vehicle (JMEV).

Mit einer so rasanten Entwicklung der neuen Technik hatte kaum jemand gerechnet. „Noch im Jahr 2010 hatte niemand Natrium-Ionen-Batterien auf dem Radar“, sagt Markus Hölzle, Experte für elektrochemische Energietechnologien am Zentrum für Sonnenenergie-und Wasserstoff-Forschung (ZSW) in Ulm. Damals habe man vielmehr an Lithium-Schwefel- und Lithium-Luft-Batterien als neue Option gedacht. Das änderte sich jedoch, als im Juli 2021 der chinesische Bat­terie­riese CATL die Fachwelt mit der Ankündigung überraschte, nun auch Natrium-Ionen-Batterien zu bauen. Seitdem ist die neue Technik nicht mehr wegzudenken: „Sie wird kommen, um zu bleiben“, sagt Hölzle.

Ein wesentlicher Vorteil des Rohstoffs Natriums ist dessen hohe Verfügbarkeit. Natrium ist Bestandteil von Kochsalz und steht in der Liste der häufigsten Elemente der Erdkruste auf Platz sechs. Auch bei den weiteren Rohstoffen, die für den Aufbau der Batteriezellen nötig sind, ist die Natriumvariante gegenüber der Lithiumtechnik im Vorteil: weder Kobalt noch Nickel sind nötig. Hinzu kommt, dass die Lithiumtechnik an einem der beiden Batteriepole noch eine Kupferfolie braucht, die Natriumtechnik aber an beiden Polen die billigere und leichtere Alufolie nutzen kann.

Ein weiterer Vorteil ergibt sich, weil Natriumzellen ein günstigeres Anodenmaterial nutzen können. Lithium braucht dafür Grafit, eine spezielle Kristallform des reinen Kohlenstoffs; das Mineral kommt heute überwiegend aus China. Zwar kann man Grafit auch synthetisch herstellen, der Prozess aber ist sehr zeit- und energieintensiv. Die Natrium-Ionen-Batterie hingegen kann sogenannten harten Kohlenstoff verwenden. Dieser lässt sich mit deutlich geringerem Aufwand herstellen als Grafit. Er könnte in Zukunft sogar aus nachwachsenden Rohstoffen produziert werden – etwa aus Lignin, den holzigen Bestandteilen von Pflanzenzellen. Ein Rohstoff könnten Haselnussschalen sein.

Der wesentliche Nachteil der Natrium-Ionen-Zellen ist ihre geringere Energiedichte. „Lithium ist einfach am besten, das liegt an den elektrochemischen Eigenschaften des Elements“, sagt der ZSW-Forscher. Deswegen werde der Lithium-Ionen-Akku als wichtige Technik fortbestehen. Derzeit liegt die Energiedichte von Natrium-Ionen-Zellen zwischen 140 und 160 Wattstunden je Kilogramm. Bei Lithium-Ionen komme man mit der kompaktesten Variante, der Nickel-Mangan-Kobalt-Zelle (NMC), bereits auf 270 Wattstunden je Kilogramm, sagt Florian Ringbeck, Ingenieur am Lehrstuhl für Elektrochemische Energiewandlung und Speichersystemtechnik der RWTH Aachen.

Andererseits wird die Natriumzelle aber deutlich billiger sein als die Lithiumzelle, weil sie keine teuren Metalle benötigt. „70 Prozent der Zellkosten machen die Materialkosten aus, vor allem aufgrund der Metalle“, sagt ZSW-Wissenschaftler Hölzle. Die Lithium-Ionen-Zelle liege heute bei 100 Euro pro speicherbarer Kilowattstunde, die Natriumvariante könne bis zu 30 Euro billiger werden.

Weniger Energiedichte, geringerer Preis – damit werden sich die Märkte wohl aufspalten. Im Kleinwagen dürfte Natrium in Zukunft eine Alternative sein, wie es die chinesischen Autobauer schon vormachen. In Fahrzeugen der Oberklasse, die Batterien mit einer Kapazität von 100 Kilowattstunden an Bord haben, ist der Einsatz von Natrium-Ionen-Zellen für den Antrieb eher unwahrscheinlich.

Im Kleinwagen dürfte Natrium in Zukunft eine Alternative sein, in Fahrzeugen der Oberklasse eher nicht

Auch in Elektrogeräten, wie Handys, die möglichst klein und handlich sein sollen, wird man sie vermutlich nicht finden. Dafür könnten die Natriumzellen im stationären Einsatz als Heimspeicher oder in der Stromwirtschaft eine große Rolle spielen – also überall dort, wo es auf Gewicht und Volumen nicht ganz so ankommt, dafür umso mehr auf einen günstigen Preis.

Dass die Natrium-Ionen-Variante relativ schnell in großem Stil auf den Markt kommen könnte, liegt daran, dass sie aus Sicht der Industrie eine willkommene Eigenschaft hat: Ihr Aufbau ist der Lithiumzelle sehr ähnlich, weshalb auch die nötigen industriellen Prozesse praktisch die gleichen sind. Deshalb ließen sich bestehenden Fertigungslinien für Lithium-Ionen-Akkus problemlos für die Herstellung von Natrium-Ionen-Akkus umrüsten.

Moritz Schaefer, Materialexperte der Fraunhofer-Einrichtung Forschungsfertigung Batteriezelle FFB in Münster, sagt dazu: „Das ist eine Drop-in-Technologie.“

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