berliner szenen
: Beseelt von so viel Wellness

Irgendwo am Ufer, hat er gesagt. Irgendwo im Dunkeln, da ist ein Gelände und auf dem Gelände verstecken sich große Jurten und aus der einen Jurte dringt lauter Techno und aus der anderen heißer Dampf. Wir sind auf einer Sauna-Party, alle laufen in Bademänteln herum, in die Zelte dürfen wir nur ohne Schuhe. Wir gehen erst einmal tanzen. Die Musik ist entspannt, die Stimmung gelassen. Wir überlegen, ob wir jetzt in die Sauna gehen sollen. Draußen regnet es in Strömen. Wenn schon, denn schon, denke ich. Am überdachten Lagerfeuer bekommen wir ein Handtuch und einen Bademantel und es gibt einen Umkleideraum. Ich lasse erst einmal meine Schuhe im Regen stehen.

Im Sauna-Zelt ist es unfassbar heiß, hundert Grad, mindestens. In der Mitte steht der Ofen, befeuert mit heißen Kohlen. Nichtsahnend patsche ich barfuß auf die Metallplatte, die den Ofen umgibt: Sie ist sehr heiß. Wie am Spieß brülle ich das Zelt zusammen und fliehe auf die hölzerne Bank, die auch erhitzt ist. Nach meinem Geschrei nicke ich allen erst einmal zu. Hallo, ich bin jetzt auch da. Nicht, dass es jemand nicht mitbekommen haben sollte.

Es ist viel zu heiß, wir bleiben ganze zehn Minuten in der Sauna, danach springe ich in ein eiskaltes Becken. Was kommt als Nächstes? Neben dem Lagerfeuer entdecke ich ein beheiztes Jacuzzi. Mit einer kleinen Sektflasche bewaffnet hüpfe ich sofort hinein in das blubbernde Glück, mitten im Regen und in der tiefsten Nacht. Beseelt von so viel unerwarteter Wellness stoße ich mit lauter nackten, fremden Menschen an, die ich sofort in mein Herz schließe. Als ich im Umkleideraum meine Hose anziehen will, kommt eine aufgeregte Frau zu mir und zeigt auf meine Schuhe: „Du hast meine Schuhe an!“ Ups. Und wo sind meine? Ich blicke raus vor das Sauna-Zelt: Sie stehen immer noch im Regen. Julia Tautz