Kosten der CO2-Neutralität in Europa: Billionen mehr für Klimaschutz
Für die CO2-Neutralität bis 2050 muss die EU viel mehr investieren als geplant. Das zeigt eine Studie im Auftrag der Grünen im Europäischen Parlament.
Pro Jahr fehlen danach rund 260 Milliarden Euro – oder 1,6 Prozent der Wirtschaftsleistung der 27 EU-Länder, heißt es in der Studie, die der taz vorab vorlag. Dies sei allerdings nur etwa die Hälfte dessen, was die EU 2022 für die Einfuhr fossiler Brennstoffe ausgegeben hat. Drei Viertel der fehlenden Mittel könnten durch Umschichtung im laufenden EU-Budget gesichert werden, so die Experten.
Allerdings wird der „Weg zur Netto-Null“ auf jeden Fall holprig. So empfiehlt die Studie, die Zahl der Autos zu verringern und den Flugverkehr einzuschränken. Die Autos müssten kleiner und besser ausgelastet werden, etwa durch Carsharing. Im Vordergrund müsse aber der Umstieg auf E-Autos und andere klimaschonende Verkehrsmittel wie Busse und Bahnen stehen. Die EU solle „dringend und durchgreifend“ handeln, so das Fazit der Studie, die von den Grünen im Europaparlament in Auftrag gegeben wurde. Es fehle nicht an Wissen, sondern an Mut – und Geld.
Doch die EU hat derzeit andere Prioritäten. Bei einem Sondergipfel am kommenden Donnerstag in Brüssel wollen die Staats- und Regierungschefs zwar den laufenden 7-Jahres-Haushalt nachjustieren. Doch im Mittelpunkt steht die von Russland attackierte Ukraine, die eine Finanzspritze von 50 Milliarden Euro erhalten soll. Neue Investitionen für den Klimaschutz sind nicht geplant.
Reform der Schuldenregeln
Die EU-Staaten wollen den Gürtel sogar enger schnallen. Dies sieht die Reform der Schuldenregeln vor, auf die sich die EU-Finanzminister im Dezember geeinigt haben. „Aktuell blockieren Ursula von der Leyen und Olaf Scholz öffentliche Investitionen auf europäischer und nationaler Ebene“, kritisiert Rasmus Andresen, Chef der deutschen Grünen im EU-Parlament. „Neben einer investitionsfreundlichen Reform der EU-Schuldenregeln brauchen wir eine europäische Infrastrukturoffensive, die in die Klimawende investiert und Zukunftsjobs schafft“, fordert Andresen.
Ähnlich äußern sich Sozialdemokraten und Linke. Demgegenüber wollen die Konservativen den Klimaschutz zurückstellen – zugunsten der Landwirtschaft und der Industrie. Dabei gehören diese beiden Sektoren laut der Studie zu jenen, die auf mehr Klimaschutz verpflichtet werden sollten. „Es gibt kein Allheilmittel, um die europäische Wirtschaft sofort zu dekarbonisieren“, warnen die Autoren. Vielmehr müsse die EU alle Hebel nutzen – und viel mehr investieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Jahresrückblick Erderhitzung
Das Klima-Jahr in zehn Punkten
Anschlag von Magdeburg
Aus günstigem Anlass