: Yorckstraße 59 mauert bis zur Räumung
Nach einem letzten Vermittlungsversuch des Bezirks steht einer Räumung des linken Wohnprojekts nichts mehr im Wege – außer ihren BewohnerInnen. Die schlagen angebotene Ersatzhäuser aus, weil es an Zeit zur Prüfung fehlt
Der Konflikt um das linksalternative Wohnprojekt in der Yorckstraße 59 hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Seit heute früh ist eine Räumung des Gebäudes möglich. Eine Sprecherin rief daher gestern Sympathisantinnen auf, vor Ort gegen eine etwaige Räumung zu protestieren. Die BewohnerInnen gingen gestern davon aus, dass UnterstützerInnen die Nacht auf Montag in dem Haus verbringen werden, darunter auch der Grünen-Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele. Eine Einigung in letzter Minute wollten Beobachter jedoch nicht ausschließen.
Für 5 Uhr heute früh hat sich laut Projektsprecherin Katja Krüger der Gerichtsvollzieher angemeldet, unterstützt von der Polizei. Krügers Antwort: „Wir bleiben hier drin.“
Gestern war der jüngste Vermittlungsversuch im monatelangen Streit um die Zukunft des Wohnprojekts gescheitert. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hatte den BewohnerInnen zwei Wochen Bedenkzeit angeboten. In dieser Zeit sollten sie sich entscheiden, ob sie in eines von drei Ersatzhäusern in Friedrichshain ziehen wollten: die Scharnweberstraße 19, die Friedensstraße 16 und die Löwestraße 25, eine ehemalige Poliklinik. „Alle drei Gebäude entsprechen theoretisch nach Lage und Größe unseren Bedürfnissen“, sagte Yorckstraßen-Sprecherin Krüger. „Doch sind zwei Wochen zu knapp, um Kosten und Dauer einer Sanierung abschätzen zu können. Wir bräuchten sechs bis acht Wochen“, sagte Krüger. In dieser Zeit müssten die BewohnerInnen in der Yorck 59 bleiben können.
Auf die Forderung nach mehr Bedenkzeit reagierte die PDS skeptisch: „Darauf werden sich Polizei und Innensenator nicht einlassen“, sagte der PDS-Abgeordnete Steffen Zillich, der bei Vermittlungsgesprächen dabei war. Der Vorschlag des Bezirks hatte vorgesehen, die Gruppe zwischenzeitlich in einem Gebäude in der Friedrichshainer Krautstraße und Einzelwohnungen unterzubringen. „Das Übergangshaus hat nur ein Drittel der heute beanspruchten Fläche“, sagte Krüger. Ein Umzug käme daher nicht in Frage. Die Schuld an der festgefahrenen Situation gibt sie den Koalitionsparteien SPD und PDS: „Es wäre mehr drin gewesen.“
In dem Fabrikgebäude in der Yorckstraße 59 leben rund 60 Menschen, zudem haben mehrere linke Projekte dort ihre Büros. Nach der Pleite des Besitzers der Yorckstraße 59 im Jahr 2003 verkaufte die Gläubigerbank das Haus an den Unternehmer Marc Walter. Der verdoppelte die Miete, woraufhin die BewohnerInnen die Zahlung verweigerten. Ihr Kaufversuch scheiterte an Walters Preisvorstellung von 2,5 Millionen Euro. Auch ein Tausch mit einer landeseigenen Immobilie kam nicht zustande.
MATTHIAS LOHRE