Sprache im Gleichschritt

Die deutsche Militarisierung schreitet voran

Es ist Krieg, Deutschland! Deine Sprache muss sich also anpassen! Muss kriegerischer werden! Ab sofort musst du zeitgemäße Vokabeln benutzen, die eigentlich auf den Kasernenhof gehören und nicht in Kunsträume wie Museen. „Hansemuseum nimmt junge Zielgruppe ins Visier“, bellte gestern die ebenso christliche wie militärisch aufgedonnerte Nachrichtenagentur epd ins weite Rund. Eine Zielgruppe ins Visier nehmen – das ist schon schwer soldatischer Jargon. Was treiben die epd-Redakteure bloß in ihrer Freizeit? Marschieren bis zum Umfallen? Panzer fahren? Haubitzen abfeuern? Einst haben wir in Friedenszeiten einen historischen Autor wie Victor Klemperer gelesen, der sich in seiner „Lingua Tertii Imperii“ unter anderem damit beschäftigte, wie Sprache militarisiert und die Bevölkerung mit Kampfbegriffen in den Krieg getrieben wurde. Und als wir es lasen, fragten wir uns: Wieso hat es niemand bemerkt? Weshalb hat sich keiner geweigert? Warum haben alle im Gleichschritt gesprochen? Jetzt wissen wir, wie es ist, in düsteren Zeiten zu leben, wenn selbst die Christen „junge Zielgruppen ins Visier“ nehmen. Da halten wir lieber sprachlich nicht die andere Wange hin, sondern spucken in die Richtung der deutschen Sprach-Militarisierer aus: „Nie wieder!“