vor der klimakonferenz
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Rätsel um Assad

Die Emirate haben Syriens Machthaber auf die COP28 eingeladen. Dabei gibt es einen Haftbefehl aus Frankreich gegen ihn – wegen Kriegsverbrechen

Von Julia Neumann

Der Klimagipfel in Dubai (COP28) sollte das Comeback von Syriens Machthaber Baschar al-Assad auf internationaler Politikbühne sein. Die Emirate haben den Machthaber eingeladen – trotz zahlreicher dokumentierter Kriegsverbrechen. Verhindern könnte das allerdings noch ein Gerichtsbeschluss: Am 14. November erließen französische Strafrichter einen Haftbefehl gegen den syrischen Präsidenten wegen Beihilfe zum Einsatz verbotener Chemiewaffen. Bei den Gas-Angriffen gegen die eigene Bevölkerung 2013 starben mehr als 1.000 Menschen.

Assad und seine Regierung sind für eine Reihe von Menschenrechtsverletzungen verantwortlich. Trotzdem treiben die arabischen Staaten die Normalisierung voran. Im Mai nahmen sie Syrien wieder in die Arabische Liga auf. Zuvor hatte es bereits Annäherungen aus Saudi-Arabien, Bahrain und den Emiraten gegeben.

Die Emirate haben ein Auslieferungsabkommen mit Frankreich. Wenn er käme – könnte Assad auf dem Gipfel verhaftet werden? „Es ist ein möglicher Weg für eine Verhaftung, aber ich bin nicht so naiv zu behaupten, dass es so ablaufen wird“, sagt Steve Kostas, leitender Anwalt bei der Open Society Justice Initiative, die die Klage unterstützt hat. Noch nie gab es einen nationalen Haftbefehl gegen ein amtierendes ausländisches Staatsoberhaupt. „Die französische Regierung muss den Haftbefehl in Kraft setzen, die Polizei ihn dann an Interpol weiterleiten und Interpol eine rote Notiz herausgeben“, so Kostas. Die Staaten wären dann angehalten, die Person vor das französische Gericht zu bringen.

Nach Ansicht der Menschenrechtsorganisationen ist der Haftbefehl „sehr wahrscheinlich“ noch nicht über Interpol verbreitet worden. „Wir hoffen jedoch, dass die Franzosen ihren Teil einhalten und die Emirate zur Zusammenarbeit auffordern werden – und dass die Emirate erkennen, dass sie Assad angesichts des bestätigten Verdachts auf seine Rolle bei den chemischen Angriffen nicht zur COP28 in diesem Monat einladen sollten.“

Der Haftbefehl könnte also dazu beitragen, Assad erneut zu isolieren. Aida Semani, leitende juristische Beraterin bei Civil Rights Defenders, sagt: „Es ist ein sehr starkes Signal an andere Staaten, dass sie eine Normalisierung mit einer Regierung anstreben, die Chemiewaffenangriffe gegen ihre eigene Bevölkerung verübt hat.“

Die syrische Klimadelegation zumindest werde nicht von Assad geleitet, sondern vom syrischen Premierminister, verriet ein Delegierter der Nachrichtenagentur Reuters – unklar ist, ob Assad trotzdem dabei sein wird.