Mehr Geflüchtete als Fachkräfte tätig

Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zeigt, dass zunehmend mehr Geflüchtete als Fachkräfte arbeiten – Männer haben es dabei leichter als Frauen

Vor allem das Handwerk will Geflüchtete schneller einstellen Foto: Fo­to:­ Jakob Studnar/imago

Von Adefunmi Olanigan

Vor sieben Jahren hieß es, Geflüchtete seien die Fachkräfte von übermorgen. Mittlerweile ist das Übermorgen von damals schon heute. Und es zeigt sich: Zunehmend mehr Geflüchtete arbeiten in Fachkraftpositionen. So sind mittlerweile 60 Prozent der erwerbstätigen Geflüchteten als Fachkräfte tätig. Zu dem Ergebnis kommt eine Studie zur Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), die von Forscherinnen des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, die am Mittwoch erschien.

Die Studie verfolgte den Weg von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt, die zwischen 2013 und 2020 nach Deutschland gekommen sind, dabei wanderte ihr Großteil 2015 und 2016 zu. Bereits ein Bericht im Juli des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB), das mit den gleichen Daten arbeitete, zeigte, dass insgesamt 54 Prozent der Geflüchteten mit einer Aufenthaltsdauer von sechs Jahren erwerbstätig sind. Dabei nahm im Beobachtungszeitraum die Zahl der Geflüchteten zu, die als Fachkräfte arbeiten. Dies hat zwei Gründe: Zum einen sammelten Geflüchtete mehr Qualifikationen, sodass sie in höhere Positionen einsteigen konnten, zum anderen sind Geflüchtete mobiler. „Die ganze Aufwärtsmobilität, die zu sehen ist, ist verknüpft mit Qualifikation“, sagt die Soziologie-Professorin Cornelia Kristen. Dabei spielen alle Arten der Qualifikation eine zentrale Rolle. Studienautorin Elisabeth Liebau erklärte: „Insbesondere im Ausland erworbene berufliche Qualifikationen und der Erwerb eines deutschen Bildungsabschlusses sowie das Erlernen der deutschen Sprache begünstigen die bessere Positionierung in der Arbeitswelt und den Wechsel von einer Hilfskraft- in eine Fachkrafttätigkeit.“

Auffällig ist, dass diese Aufstiegsentwicklung vor allem für Männer gilt. Der Anteil geflüchteter Frauen im Arbeitsmarkt ist hingegen wesentlich geringer und oft leisten sie sehr viel mehr unbezahlte Sorgearbeit. Doch die Unterschiede in der Aufteilung, der „Gender Care Gap“, nehmen ab, wenn sowohl Mann als auch Frau arbeiten. Dabei verhält es sich für Geflüchtete ebenso wie für andere Paare mit und ohne Migrationsgeschichte. Zu dem Ergebnis kommt die zweite Studie, die das DIW am Mittwoch im selben Bericht veröffentlichte.

Auffällig ist, dass dieser berufliche Aufstieg vor allem für geflüchtete Männer gilt

Mit Blick auf die Lücke in der Sorgearbeit sei es besonders wichtig, Frauen in den Arbeitsmarkt zu bringen. Dafür sei ein ausreichendes Angebot für Kinderbetreuung wichtig. Doch auch die berufliche Qualifikation sei dabei enorm wichtig: Mit Blick auf die Erwerbstätigkeit von Frauen wirft Yuliya Kosyakova, Leiterin des Forschungsbereichs Migration am IAB, ein: „Viele der Frauen haben in ihren Herkunftsländern Qualifikationen im Sozialen oder im Bildungsbereich. Doch für einen Berufseinstieg fehlen in der Bildung Anerkennungsverfahren.“ Ebenso verzögerten sich Einstiege, weil sehr gute Sprachkenntnisse gefordert würden.

Mit dem „Jobturbo“ will die Bundesregierung Geflüchtete – auch wenn sie noch nicht gut Deutsch sprechen – schneller in Arbeit bringen. Die Jobcenter sollen den Geflüchteten entsprechend ihren Fähigkeiten und Qualifikationen Arbeitsstellen vermitteln und sie dabei unterstützen, ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Nicht nur schnell, sondern auch nachhaltig, so das formulierte Ziel. Damit zeigt die Studie auch, dass eine langfristige Arbeitsmarktintegration gelingen kann – aber wenn man Wert auf Fachkräfte legt, erfordert dies auch entsprechend Zeit.