: Ouvertüre für die Nationaloper
Bei einem Machtwechsel ändert sich auch die Kulturpolitik des Bundes. Der CDU-Politiker Norbert Lammert überlegt, die Staatsoper zum nationalen Denkmal zu erheben. Offkultur droht Kürzung
von PHILIPP GESSLER und UWE RADA
Die bevorstehende Bundestagswahl wirft auch in der Berliner Kulturpolitik ihre Schatten voraus. Keine zwei Wochen, nachdem Michael Schindhelm sein Amt als Generaldirektor antrat, werden in der Bundes-CDU erste Überlegungen laut, die Opernstiftung wieder aufzulösen.
Man könne darüber nachdenken, „ob die historische Lindenoper mit dem Generalmusikdirektor Daniel Barenboim nicht doch ein nationales Kulturdenkmal ist, das in die Verantwortung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und damit des Bundes gehört wie die Museumsinsel auch“, sagte der CDU-Kulturpolitiker Norbert Lammert. Der jetzige Bundestagsvizepräsident wird als möglicher Nachfolger von Kulturstaatsministerin Christina Weiss im Falle einer CDU-Regierung unter Angela Merkel gehandelt.
Zwar relativierte Lammert seine Aussage mit der Bemerkung, dass der Bund nicht selber Betreiber von Theatern, Opern oder Orchestern werden dürfe. Doch die kulturpolitische Kurskorrektur, die sich hinter den vorsichtigen Formulierungen verbirgt, ist für die Berliner Kulturlandschaft absehbar: Mehr Bundesengagement bei den „nationalen Leuchttürmen“, weniger Förderung für Offkultur. Dies ergibt sich nicht zuletzt aufgrund eines Interviews, das Lammert vor einigen Tagen der Berliner Zeitung gegeben hatte. „Dass sich der Bund an herausragenden Kulturereignissen beteiligt, ist vernünftig“, sagte Lammert. „Aber der Bund fördert auch Berliner Aktivitäten, die mit Bundeszuständigkeit beim besten Willen nichts zu tun haben.“ Adressaten waren dabei unzweifelhaft die Kulturstiftung des Bundes sowie der Hauptstadtkulturfonds, zwei Institutionen, die in der Vergangenheit immer wieder Offprojekte und experimentelle Kunst gefördert hatten.
Äußerungen wie diese sind es auch, die die Berliner SPD-Abgeordnete Brigitte Lange hellhörig werden lassen. Sowohl der Hauptstadtkulturvertrag als auch der Hauptstadtkulturfonds dürften nicht angetastet, sondern müssten ausgebaut werden, sagte die kulturpolitische Sprecherin ihrer Fraktion der taz. Darüber hinaus müsse man die Opernstiftung nun erst einmal arbeiten lassen. „Es ist falsch, jetzt eine neue Diskussion über die Zuständigkeit für die Staatsoper zu beginnen“, so Lange.
Ähnlich sieht dies auch die Berliner Opposition. Zwar sei die Staatsoper Teil des preußischen Kulturerbes, meinte die kulturpolitische Sprecherin der Grünen, Alice Ströver. Da nun aber die Opernstiftung gegründet sei, sei es nicht ratsam, die Staatsoper wieder herauszulösen. Dies hätte man bestenfalls vor Gründung der Stiftung tun können.