Oberhausen vertreibt Besetzer

Dem Oberhausener Bauwagenprojekt „Plan B“ droht völlig überraschend die Räumung. Heute Nacht lief die zweitägige Frist der Stadt ab. Die Bauwagenbewohner fühlen sich über den Tisch gezogen

AUS OBERHAUSEN JÖRN-JAKOB SURKEMPER

Die Stimmung auf dem Oberhausener Bauwagenplatz „Plan B“ ist angespannt. Der Zugang ist verbarrikadiert, ein umgekippter PKW und einbetonierte Bauzäune versperren den Weg. Seit Tagen führt die Polizei Personenkontrollen rund um den Platz und das benachbarte Kulturzentrum „Druckluft“ durch, selbst Hubschrauber kreisen gelegentlich über dem Gelände. Der Grund: Der einzige besetzte Bauwagenplatz des Ruhrgebietes soll geräumt werden. Dies teilte das Oberhausener Ordnungsamt den rund 20 Bewohnern am Dienstag überraschend in einer Verfügung mit. Dem alternativem Wohnprojekt wurde darin eine Frist bis Mittwoch Nacht gesetzt, den Platz freiwillig zu verlassen.

„Das alles kommt für uns völlig überraschend“, sagt Viola Pawlowski, eine Bewohnerin des Platzes. Bisher sei das Verhältnis zu Stadt und Polizei immer entspannt und kooperativ gewesen. Dies habe sich nun völlig verändert: „Wir erkennen unsere Oberhausener Polizei nicht wieder“, so Viola Pawlowski weiter. Am Dienstag hätten sich Polizei und Ordnungsamt gleich zweimal auch unter Einsatz von Faustschlägen Zutritt zu dem Gelände verschafft, Film- und Fotoaufnahmen gemacht und den Bewohnern den Räumungsbescheid ausgehändigt.

Das mit Bäumen umsäumte Gelände war im Juni 2003 besetzt worden. Seitdem wohnen rund 20 Menschen in bunt bemalten Bauwagen. Im Februar letzten Jahres war dann mit dem damaligen Oberbürgermeister Burkhard Drescher (SPD) eine Duldung bis zum Verkauf des Grundstückes vereinbart worden. Außerdem sollte den Bewohnern für diesen Fall ein alternativer Platz zur Verfügung gestellt werden.

Davon will die jetzige Stadtverwaltung jedoch nichts mehr wissen. „Es gibt keine Vereinbarung“, sagt Dirk Butler, Dezernent für öffentliche Ordnung der Stadt Oberhausen. „Es hat bereits mehrere Kaufinteressenten für das Grundstück gegeben, denen aber teilweise die Besichtung des Grundstückes durch die Bewohner verweigert wurde“, begründet Butler die geplante Räumung. „Das ist nur die halbe Wahrheit“, sagt Viola Pawlowski. Die Stadt sei weder unter dem alten OB Drescher noch unter dem neuen, Klaus Wehling (CDU), je mit diesem Anliegen, auf sie zugekommen. Interessenten habe man lediglich gefragt, wer sie seien und was sie wollten. Unter dem neuen Bürgermeister sei aber ohnehin niemand mehr gekommen.

Viola Pawlowski vermutet den Politikwechsel in der Stadt als Ursache für die Eskalation der Situation. Auch Christoph Kaiser vom benachbarten Kulturzentrum „Druckluft“ sieht die geplante Räumung politisch motiviert: „Ich gehe davon aus, dass diese alternative Lebensform hier unerwünscht ist.“ Der Bauwagenplatz sei mittlerweile auch zu einem Teil des Druckluftes geworden. Die Bauwagenbewohner veranstalten im Kulturzentrum regelmäßig Filmabende, Vorträge und Diskussionsveranstaltungen.

Besonders empörend empfinden die Bewohner die kurze Räumungsfrist von nur zwei Tagen. „Das ist völlig unmöglich, selbst wenn wir wollten“, so Pawlowski. Auch wisse man gar nicht, wo man mit den ganzen Wagen hin solle. Ordnungs-Dezernent Butler erklärt hingegen: „Wir waren der Ansicht, dass 48 Stunden zur Räumung ausreichend sind.“

Die Bauwagenbewohner haben bereits Antrag auf Aufhebung des „Sofortvollzuges“ beim Verwaltungsgericht Düsseldorf gestellt. Dagmar Vogel, die die Bauwagenbewohner rechtlich vertritt, rechnet damit, dass diesem Antrag auch entsprochen wird. Eine besondere „Eilbedürftigkeit“, die die Stadt für sich beansprucht, sei unbegründet. Für den Fall, dass der Platz doch geräumt werden soll, kündigen die Bewohner Widerstand an: „Wir werden auf jeden Fall versuchen, uns zu verteidigen.“