piwik no script img

das wird„Seine Werke waren klar politisch motiviert“

Hofmaler Jürgen Ovens aus Tönning war Rembrandt-Schüler. Seine Aufgabe in Gottorf war, die Herzöge im Konflikt mit Dänemark gut aussehen zu lassen. Wie, das erklärt Oliver Auge im Dom zu Schleswig

Interview Petra Schellen

taz: Herr Auge, wer war Jürgen Ovens?

Oliver Auge: Ovens war, bezogen auf den schleswig-holsteinischen Raum, einer der wichtigsten Barockmaler, der zugleich für das niederländische „Goldene Jahrhundert“ stand. Geboren wurde er in Tönning, ausgebildet in Amsterdam im Umfeld Rembrandts. Mit diesem Wissen ist er nach Schleswig-Holstein zurückgekehrt und ins für niederländische Glaubensflüchtlinge neu gegründete Friedrichstadt gezogen.

Wovon lebte er?

Er war zwar nicht offizieller Hofmaler, schuf aber im bezahlten Auftrag der Gottorfer Herzöge ein umfängliches Œuvre aus Stammbäumen, Allegorien, religiösen Motiven, Historiengemälden und Porträts. Bis heute steht sein Name, wie auch der des Schriftstellers Adam Olearius, für die berühmte Gottorfer Hofkultur des 17. Jahrhunderts. Allein im Schleswiger Dom hängen neun Gemälde. Viele weitere wurden, als Dänemark 1713 Gottorf besetzte, nach Kopenhagen gebracht, aber einige befinden sich jetzt wieder auf Gottorf.

Wie kompliziert war die politische Situation in der Region?

Sie war von der Konfrontation zwischen dem dänischen König und den (mit ihm verwandten) Herzögen von Schleswig-Holstein-Gottorf geprägt, was dann in militärische Auseinandersetzungen in mehreren Kriegen bis zum „Großen Nordischen Krieg“ mündete. Ovens stand in den Diensten des Gottorfer Herzogs Friedrich III. und seines Sohnes Christian Albrecht, der im Zuge der Konflikte zweimal ins Exil nach Hamburg fliehen und die Hälfte seiner Regierungszeit außer Landes verbringen musste. Das waren die Bedingungen, unter denen Ovens malte. Seine Auftragswerke waren klar politisch motiviert.

Inwiefern?

Foto: privat

Oliver Auge

52, Historiker, ist Professor für Regionalgeschichte an der Christian-Albrechts-Universität Kiel.

Die Gottorfer wollten ihre Dynastie ins rechte Bild setzen und zeigen, dass sie dem dänischen König gleichgestellt seien. Solche Rangstreitigkeiten waren während der frühen Neuzeit sehr verbreitet,

Was für Werke schuf Ovens im Auftrag der Gottorfer?

Er entwickelte zum Beispiel – historisch korrekte – Stammbäume, die zeigen, dass dänisches Königshaus und Gottorfer demselben Haus Oldenburg entstammen. Auch malte er Ahnengalerien, die die Verwandtschaft der „Gottorfer“ und der „Dänen“ vor Augen führten. Hinzu kamen allegorische Darstellungen der Krönung Hedwig Eleonoras, Tochter des Gottorfers Friedrich III., zur Königin von Schweden. Der Subtext: Wenn der Gottorfer seine Tochter mit einem König verheiraten kann, ist er dem dänischen König gleichrangig.

Hat sich er dänische König davon beeindrucken lassen?

Gewiss hat ihn das geärgert, aber es hat ihn von seiner Haltung und Politik bis hin zum Krieg gegen Gottorf nicht abgebracht.

Vortrag im Rahmen der Ovens-Ausstellung „Himmlischer Barock“ im Dom zu Schleswig: „Schleswig-Holstein zur Zeit von Jürgen Ovens“: 31. 8., 18.30 Uhr

Warum ging Ovens in dessen Verlauf wieder nach Amsterdam?

Vermutlich aufgrund unmittelbarer Kriegsereignisse um Friedrichstadt herum. In Amsterdam hat er allerdings aufgrund seines Rufs und seiner Beziehungen gut verdient – vor allem mit Porträts des Bürgeradels.

Welche Rolle spielte Ovens im Kulturaustausch?

Er ist reger Akteur in selbigem. Er reiste oft zwischen beiden Ländern hin und her und brachte zunächst den Rembrandt’schen, später den helleren flämischen Stil Anthonis van Dycks in den Norden. Auch unterhielt er rege Briefkontakte in die Niederlande und empfing Besuche von dort, als er in Friedrichstadt lebte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen