: Versprochene Reformen in Syrien bleiben aus
Präsident Baschar al-Assad fällt beim Kongress der Baath-Partei weit hinter seine früheren Ankündigungen zurück
KAIRO taz ■ Einen großen, energischen Reformschritt nach vorn hatte der syrische Präsident Baschar al-Assad für den Kongress der regierenden Baath-Partei angekündigt. Donnerstagnacht ging das viertägige Parteitreffen nun zu Ende, und das Ergebnis gleicht eher einem schlappen Stolpern in eine ungewisse Richtung. Dass das meiste beim Alten geblieben ist, machte bereits die Atmosphäre deutlich, als Assad in einer dreistündigen Abschlussrede sein Reformprogramm vorstellte, stets unterbrochen von sozialistisch anmutendem choreografischem Applaus der 1.225 Baath-Delegierten sowie Zwischenrufern, die Assad verbal „ihre Seele und ihr Blut“ darboten.
Syrische Reformaktivisten und die Opposition hatten im Vorfeld des Kongresses gehofft, dass wenigstens der Ausnahmezustand aufgehoben werden könnte, der den Sicherheitskräften seit vier Jahrzehnten garantiert, im rechtsfreien Raum zu operieren. Stattdessen wurde ihnen nun nur eine Modifizierung und Lockerung des Ausnahmezustandes versprochen, der fortan nur noch bei „Verbrechen, die die Staatssicherheit bedrohen“, angewendet werden soll.
Gehofft hatten die Regimekritiker und die Reformer innerhalb der Baath-Partei auch auf eine Veränderung des Paragrafen 8 der syrischen Verfassung, der der Baath-Partei den politischen Führungsanspruch garantiert. Die Regierungspartei behält nun weiterhin ihre in der Verfassung verbriefte Position, wenngleich jetzt ein Mehrparteiensystem geschaffen werden soll. Wichtige Ausnahme aber: Religiös definierte Parteien wie die Muslimbrüder oder ethnisch und regional begrenzte Parteien, wie die kurdischen Gruppierungen, bleiben verboten. Damit bleiben wichtige Konkurrenten der Baath-Partei weiterhin aus der politischen Landschaft ausgeschlossen.
Neben begrenzten Veränderungen zu Hause, plädierten die Delegierten auch für eine „Korrektur der Schwierigkeiten, unter denen die syrisch-irakischen Beziehungen leiden“. Ein möglicher Hinweis, dass die Regierung in Damaskus in Zukunft versuchen wird, wirksamer gegen das Einsickern von Dschihadkämpfern über die syrisch-irakische Grenze vorzugehen. Außerdem empfahl der Kongress, „die beschädigten syrisch-libanesischen Beziehungen zu reparieren“ und einen „konstruktiven Dialog“ mit Washington einzuleiten. Angekündigt wurden auch eine größere Pressefreiheit, in einem Land in dem bisher nur Sprachorgane der Regierung existieren. Erwartungsgemäß wurde Präsident Assad einstimmig als Parteiführer bestätigt.
Die Opposition diskutiert unterdessen ihre eigene Strategie. „Es gibt eine Debatte unter den Oppositionellen, sich besser zu organisieren und den internen Druck zu erhöhen“, erklärt der politische Kommentator Ammar Abdul Hamid. Tendenzen für einen Schulterschluss zwischen den Islamisten und der säkularen Opposition, die vor wenigen Wochen trotz großer gegenseitiger Animositäten begonnen haben, miteinander zu sprechen, dürften sich nun verstärken. Ein Albtraum für das Regime in Damaskus, dass bereits genug mit dem externen Druck aus Washington zu kämpfen hat.
Parallel zum Ende des Baath-Kongresses wurde auch die amerikanische Schraube wieder angezogen. Ein nicht namentlich genannter US-Regierungsbeamter warf der Regierung in Damaskus laut der Washington Post vor, eine „Abschussliste“ für prominente libanesische Politiker erstellt zu haben, um die dortige Lage zu destabilisieren. Angeblich sollen nur sechs Wochen nach dem Abzug der syrischen Armee wieder „bekannte Gesichter des syrischen Geheimdienstes“, im Libanon aufgetaucht sein. KARIM EL-GAWHARY
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