: Schöngeister streiten ums Geld
Kölns neuer Kulturdezernent Quander: Rot-Grün hat die Kultur des Ruhrgebiets ungerechtfertigt hoch gefördert, zum Beispiel die Ruhrtriennale. Ex-Kulturminister Vesper: „Alles Quatsch“
VON PETER ORTMANN
Das Ruhrgebiet wehrt sich gegen die Kritik von Kölns neuem Kulturdezernenten Georg Quander. Kulturmittel des Landes NRW seien in den vergangenen Jahren ungerechtfertigt hoch ins Ruhrgebiet geflossen, sagt der. Als Beispiel dafür nannte Quander den Leuchtturm RuhrTriennale. Das Land NRW solle jetzt wieder mehr ins Rheinland investieren.
„Ich als Kölner wende mich ab mit Grausen“, sagt Jürgen Flimm, Intendant der zweiten Triennale im Ruhrgebiet. Kaum habe Quander sein Büro bezogen, da beschimpfe er schon Westfalen, er solle lieber in Köln Löcher stopfen. Flimm lacht. „Ich bin mir sicher, wenn er noch Intendant der Berliner Staatsoper Unter den Linden wäre, hätte er längst um eine Kooperation mit der Triennale gebettelt“, sagt er. Ansonsten sei es immer ein Irrtum, Geld von anderen Kulturinstituten zu fordern.
„Die Aussagen von Herrn Quander sind absoluter Unsinn“, sagt Ex-NRW Kulturminister Michael Vesper (Grüne). Die RuhrTriennale sei insbesondere aus extra bereitgestellten Mitteln des Landes finanziert worden. Gerade Köln habe in dieser Zeit enorme Summen für ihre Museumsneubauten erhalten. „Die haben drei Viertel des Museumsneubau-Topfes des Landes abgegriffen“, sagt Vesper. Es sei absurd, jetzt in einen Jammer-Chor einzustimmen. Das Projekt „Neuer Orient“, das der Kölner Kulturdezernent Georg Quander im Museum Ludwig angekündigt hat, sei natürlich kein Triennale-Ersatz. Man habe dort seit drei Jahren auch„The Best of the West“, eine Kunstausstellung nordrhein-westfälischer Künstler geplant. Die Fördermittel für das Projekt „Neuer Orient“ seien in voller Höhe bewilligt. Das Land beteilige sich mit 50 Prozent an den beantragten 200.000 Euro. Die Rheinland AG, der kulturpolitische Zusammenschluss der Städte Bonn, Köln, Düsseldorf und Duisburg werde die restlichen Prozente für das Projekt quer durch die Künste der islamischen Länder übernehmen.
Gerade die Städte der Rheinland AG haben in den vergangenen Jahren vom Land besonders profitiert. Rund 50 Millionen Euro hat die Restaurierung des Ständehauses (K21) in der Landeshauptstadt gekostet. Bonn erhält zusätzlich zur Landesförderung immer noch Bundesmittel aus dem Bundesstadt-Etat. Die Stadt Duisburg, die gern wechselseitig Fördermittel sowohl für das Ruhrgebiet und das Rheinland akquiriert, war schon bei der ersten Triennale unter Intendant Gerard Mortier Ankerpunkt mit ihrem Landschaftspark Nord, erhielt enorme Landes- und EU-Strukturmittelförderung für die kulturelle Restaurierung der ehemaligen Gebläsehalle. Jetzt will die Stadt auch beim regionalen Rheinland-Projekt „Neuer Orient“ dabei sein.
„Das Rheinland hat gegenüber dem Ruhrgebiet an Bedeutung verloren“, sagt Quander. „Im Ruhrgebiet haben auch alle Kulturdezernenten zusammengearbeitet“, sagt Oliver Scheytt (SPD), Leiter der Europäischen Kulturhauptstadtbewerbung der Region und Kulturdezernent in Essen. Auch er kann die Kritik aus Köln nicht verstehen. „Herr Quander sollte sich erst einmal sachkundig machen“, sagt er. Köln habe in den letzten Jahren nicht nur enorme Summen für seine MusikTriennale und die Museumsneubauten erhalten, sondern auch stärker als andere von den Mitteln der NRW-Kunststiftung profitiert. Das strukturschwache Ruhrgebiet habe die Förderung durch das Land verdient, schließlich sei es mit über fünf Millionen Menschen der größte Ballungsraum Europas. Auch bei der Bewerbung um die Europäische Kulturhauptstadt 2010 habe man sich gegen Köln durchgesetzt. „Wir haben hier im Ruhrgebiet eben gute Konzepte“, sagt Oliver Scheytt.