: Neuer Misshandlungsskandal in Guantánamo
„Time“ veröffentlicht Geheimprotokolle der fortdauernden Demütigung eines saudischen Gefangenen der USA
WASHINGTON afp ■ Im US-Gefangenenlager Guantánamo haben Angehörige der US-Armee mit der dokumentierten Misshandlung eines Insassen für einen neuen Skandal gesorgt. US-Soldaten hatten einen saudi-arabischen Gefangenen über Monate hinweg gedemütigt und gequält, wie das US-Nachrichtenmagazin Time am Sonntag unter Berufung auf Geheimprotokolle berichtete. Unter anderem hatten die Verhörexperten den Mann nackt ausgezogen, ihm Bilder von leicht bekleideten Frauen um den Hals gehängt und ihm befohlen, wie ein Hund zu bellen. Das Pentagon dementierte den Bericht nicht, sondern sprach von „bewährten und überwachten Befragungsansätzen“. Mehrere US-Senatoren zeigten sich erschüttert. US-Vizepräsident Dick Cheney bekräftigte, es gebe keine Pläne zur Schließung von Guantánamo.
Das 84 Seiten lange Geheimdokument beschreibt dem Time-Bericht zufolge, wie der Saudi-Araber Mohammed al-Kahtani in der Zeit von November 2002 bis Januar 2003 systematisch gedemütigt wurde. Die Verhörspezialisten begossen Kahtani dem Bericht zufolge mit Wasser, rasierten ihm den Bart ab und zwangen ihn, Popmusik zu hören und zur US-Nationalhymne stramm zu stehen. Der Gefangene sei regelmäßig um vier Uhr morgens aus dem Bett geholt und bis Mitternacht verhört worden. Als der Verdächtige nichts mehr aß und trank, bekam er den Aufzeichnungen zufolge durch eine Kanüle im Arm dreieinhalb Beutel Flüssigkeit eingeflößt; anschließend hätten die Militärs ihn nicht auf die Toilette gehen lassen, sodass er gezwungen war, in die Hose zu urinieren.
Eines Tages habe Kahtani um einen Stift gebeten, um sein Testament zu schreiben, und angekündigt, dass er sich umbringen wolle, berichtete Time. Schlussendlich habe er gestanden, der Terrororganisation al-Qaida von Ussama Bin Laden anzugehören.