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Wenn man seine eigene Parallelgesellschaft ist

Pickepackevoll ist der Regionalexpress von Hamburg nach Kiel, ich sitze im Radabteil eingekeilt zwischen zwei jungen Frauen mit ihren Kleinkindern sowie deren Buggys. Die Frauen tragen Kopftuch, der etwa zweijährige Junge eine schwarze Lederjacke, das gleichaltrige Mädchen Ohrringe, ihre Klamotten sind pink.

Kaum sitzen die Frauen, haben sie ihren Kindern einen Schokoriegel in den Mund geschoben, das Mädchen kaut danach auf einem süßlichen Kaugummi herum und jetzt, war ja klar, holen die Mütter ihre Handys raus, und die Kinder gucken etwas Buntes, Sinnbefreites auf Youtube, untermalt von piepsiger Konsolen-Musik.

Doch dann ist Schluss mit der Pflege liebevoll gepflegter Vorurteile.

Bahnfahren

38.400 Kilometer.

Etwas über 100 Kilometer Streckenlänge sind es von Hamburg nach Kiel. Also hat man bundesweit noch 38.300 Kilometer Schiene, um mit dem Deutschlandticket Bekanntschaften machen zu können.

Die Frauen sind nett und polyglott, eine unterhält sich mit mir auf Deutsch, die andere erklärt einer Mitreisenden auf Englisch, dass sie ihrem Sohn die Babypuppe auf dessen Wunsch gekauft habe. Kurz zuvor hatte ich staunend beobachtet, wie der Kleine, den ich für einen Macker in spe gehalten hatte, mit der Puppe geschmust hatte. Ich entlarve mich damit als diejenige, die zeitweise in einer Parallelgesellschaft lebt, in die nichts hineindrängt, was nicht immer schon darin vorhanden war. Eiken Bruhn

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