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Archiv-Artikel

Polizisten poltern gegen Politiker

Die Bremer Polizeibeamten wehren sich gegen die Verlängerung ihrer Lebensarbeitszeit. Doch die angespannte Haushaltslage zwingt den CDU-Innensenator dazu, den Polizisten darüber hinaus noch das Weihnachtsgeld zu kürzen

In der Sache weicht der Innensenator keinen Zentimeter zurück

Bremen taz ■ 37 Jahre Schichtdienst hat er hinter sich, seit 40 Jahren ist er bei der Bremer Polizei: Frank Klaus schiebt Dienst in Oslebshausen und wollte eigentlich in zwei Jahren in Rente gehen. Doch nach den Plänen von Innensenator Thomas Röwekamp (CDU) muss der 58-Jährige nun noch ein paar Jahre dran hängen. Der Senat muss sparen, und dazu sollen die Polizeibeamten ihr Scherflein beitragen. „Das ist eine Sauerei“, sagt Frank Klaus auf der Personalversammlung der Polizei.

Im Pier 2 stehen seine Kollegen dicht an dicht. Sie sind gekommen, um dem Senator die Meinung zu sagen, über die geplante Kürzung des Weihnachtsgeldes, die Verlängerung der Lebensarbeitszeit und den Umgang des Staates mit den Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes. Sie akzeptieren nicht, was der Koalitionsausschuss längst beschlossen hat. Die Regierung will den Beamten der Besoldungsstufen über A8 das Weihnachtsgeld streichen, niedrige Gehaltsgruppen bekommen nach den Plänen nur noch 420 Euro. Alle Mitarbeiter erhalten eine Pauschale von 25,56 Euro pro Kind. Dazu sollen die Polizisten länger arbeiten: im gehobenen Dienstes bis zum 62., imhöheren Dienstes sogar bis zum 65. Lebensjahr statt wie bisher bis zum 60.

„Das ist unsozial. Wenn wir uns gegenüber den Bürgern so verhielten wie der Staat uns gegenüber, hätte die Hälfte von uns ein Disziplinarverfahren am Hals – die andere Hälfte wäre entlassen“, poltert der Personalratsvorsitzender der Bremer Polizei, Willi Hinners. Der Polizeidienst sei erwiesen „gesundheitsschädlich und besonders belastend“. Eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit komme nicht in Betracht, so Hinners, der anprangert, dass Bürgermeister Henning Scherf (SPD) sich nicht der Kritik der Polizisten stelle.

Für ihn muss sein Stellvertreter Röwekamp ans Rednerpult – und der spart nicht mit Selbstkritik. Der Senat sei weit davon entfernt, eine verlässliche Politik für die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes zu betreiben. Da nehme er sich persönlich nicht aus. In der Sache weicht der Innensenator jedoch keinen Zentimeter zurück. Röwekamp will keine Sonderzulagen versprechen. Er traue sich nicht zu, das gegen die Mehrheit des Senats durchzusetzen.

Dennoch: „Die Grenze des Sparens ist erreicht“, sagt Röwekamp, der als Interessenvertreter der Polizisten auftreten will. „Ich werde kämpfen, um das Beschäftigungsvolumen langfristig zu sichern.“ Dabei spart Röwekamp nicht mit Kritik an Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos). Der fordere immer neue Kürzungen, erkenne aber nicht dass die Polizeidichte in Bremen schon jetzt geringer sei als in anderen Großstädten. „Der wollte sogar das Kleidergeld streichen und hat wohl gedacht, dass Sie sich dann die Uniformen selber kaufen“, ruft Röwekamp.

Die Taktik des Senators greift. Nach dem Schuldeingeständnis und den Attacken auf den Finanzsenator gehen die Polizisten pfleglich mit Röwekamp um, der im nächsten Doppelhaushalt ein Defizit von 13 Millionen Euro ausgleichen muss. Woher das Geld kommen soll, ist unklar. Bei den Polizisten will Röwekamp jedenfalls nicht so schnell sparen.

Frank Klaus mag daran nicht recht glauben. Der Polizist leidet durch den jahrelangen Schichtdienst unter Schlaflosigkeit – und hat die Nase voll. Der Stress der Jahre habe ihn gesundheitlich geschwächt. „Ich will nicht länger als bis 60 arbeiten – auf keinen Fall.“ Kay Müller