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Die AgentinDie graue Eminenz

Vorne Bücher, hinten Bücher, die Agentin mittendrin: Barbara Wenner in ihrer Agentur in Berlin  Foto: Sophie Kirchner

Wer ist Barbara Wenner? Wer sie kennt, wird vermutlich antworten: Eine sympathische und kluge, analytische und humorvolle Person. Wer sie nicht kennt und ihre Website aufruft, sieht sich einem minimalistischen Design gegenüber. Understatement regiert die Webpräsenz der Agentur Wenner. Das kann aber nicht verhindern, dass schnell die Neugier erwacht, wenn man sich die Liste der von Barbara Wenner vertretenen Autorinnen und Autoren anschaut. Es sind Romanciers darunter, Journalistinnen, Historiker und Social-Media-Stars.

Einige der Bücher, zu deren Veröffentlichung Wenner ihren Teil geleistet hat, haben Debatten angestoßen oder geprägt. Stephan Malinowskis Studie über die Rolle der Hohenzollern bei der Machtübernahme der Nazis steht auf Wenners Bücherliste, auch Teresa Bückers Plädoyer für eine Umverteilung des gesellschaftlichen Zeitbudgets, das eben für den Deutschen Sachbuchpreis nominiert wurde.

Wenner hat so einmal mehr ihr Ziel erreicht: dass über die Bücher der Autoren und Autorinnen gesprochen wird, deren Interessen sie vertritt. Letzteres ist die so knappe wie akkurate Beschreibung dessen, was Wenner eigenem Bekunden nach tut. Angaben zur Person der Literaturagentin finden sich auf ihrer Website ebenso wenig wie ein Foto.

Das liegt in der Natur der Sache: Literaturagenten sind graue Eminenzen. Das lesende Publikum hat im Zweifel noch nie von ihnen gehört. Autorinnen und Autoren aber sind zunehmend auf die Arbeit von Agenten angewiesen. Es sei schwerer geworden für junge Schreibende, bei Verlagen durchzudringen, sagt Wenner, als ich sie in ihrem Büro in Berlin-Mitte aufsuche. Wir nehmen an einem Tisch Platz, auf dem einige Bücher liegen. Hinter ihr eine Wand voller Bücher, die mehr an ein heimisches Bücherregal als an die gefälligen Präsentationen in Verlagshäusern und auf Buchmessen erinnert.

Hier arbeitet eine Leserin, keine PR-Person. Dass sie nun selbst zum Gegenstand der Berichterstattung werden soll, ist ihr offenkundig suspekt.

Wie wird man Literaturagentin? Literaturagent ist weder eine geschützte Berufsbezeichnung noch ein Ausbildungsberuf. Auch studieren kann man das nicht. Wichtig für ihre Arbeit sei das Wissen, wie der Buchmarkt funktioniert, wie Verlage arbeiten, sagt Wenner. Den Betrieb kennt sie, seit sie nach ihrem Studium der Literaturwissenschaft und der Philosophie als Praktikantin bei Rowohlt zu arbeiten begann. Wenig später war sie dort als Lektorin angestellt und am Ende war sie Programmleiterin. Dieser Job hat viel mit Marketing und Organisation zu tun, das Feilen an Ideen und ihre Realisation erledigen andere. Die Arbeit an den Büchern begann ihr zu fehlen.

In einem anderen Konzernverlag zu arbeiten schloss sie aus, die familiäre Nähe in einem Kleinverlag erschien ihr zu eng. Also wechselte sie die Seite und begann bei der Literaturagentur Graf & Graf zu arbeiten. Nach vier Jahren gründete sie ihre eigene Agentur und nahm im Lauf der Zeit auch einige Autorinnen und Autoren der taz unter Vertrag.

Als Agentin hat sie wieder mit Manuskripten zu tun und mit den Menschen, die sie schrei­ben. So unterschiedlich die Menschen und ihre Texte sind, so vielfältig gestaltet sich Wenners Arbeit. Mal sei ihr schon nach dem Lesen von drei Kapiteln klar, dass sie die Autorin nur in Ruhe weiterarbeiten lassen müsse, sagt sie. Mal arbeite sie mit einem Autor intensiv am Text. Mal bestehe ihre Aufgabe darin, die individuelle Stimme eines Schreibenden gegen ihre Zurichtung auf vermeintliche Marktzwänge zu schützen.

Ihre Arbeitszeiten? Oft lange. Was ist die Voraussetzung, dass sie sich für die Vertretung eines Buchprojekts entscheidet? Es sollte ihr Interesse wecken. Wer als Agentin bei Verlagen und beim Publikum Aufmerksamkeit erregen will, muss neugierig sein. Ulrich Gutmair

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