: Gesucht: Käufer für WestLB, gern privat
Öffentlich-rechtliche Sparkassen in der Bredouille: Die neue NRW-Regierung will die Landesbank verkaufen
HAMBURG taz ■ Bedrohliche Gerüchte für Bankkunden im ganzen Land: Die künftige schwarz-gelbe Regierung in Nordrhein-Westfalen könnte den Anteil des Landes an der WestLB veräußern. CDU und FDP einigten sich darauf, den möglichen Verkauf einer der größten deutschen Kreditinstitute im Koalitionsvertrag festzuschreiben. Dadurch, wird nun spekuliert, könnte den privaten Großbanken endlich der lang ersehnte Einbruch in die Sparkassen-Phalanx gelingen, der in Stralsund kürzlich an der rot-roten Landesregierung scheiterte.
Sollten die Sparkassen in NRW ihr teures Vorkaufsrecht auf die Staatsanteile verfallen lassen, sei der Verkauf an eine private Bank oder eine Veräußerung „unter Inanspruchnahme des Kapitalmarktes“ möglich, sagte FDP-Landeschef Pinkwart der Financial Times. Und die Wirtschaftswoche zitiert WestLB-Aufsichtsratschef Rolf Gerlach, er sei „offen für private Investoren“.
Wenn sich das Land tatsächlich zum Ausverkauf seiner Landesbank entschließen würde, wäre das eine Revolution in der deutschen Bankenlandschaft – noch nie hat privates Kapital eine Sparkasse oder Landesbank erworben.Thomas Fischer, der Vorstandschef der wieder erstarkten WestLB, schweigt allerdings bislang.
Das deutsche Geldsystem ruht auf drei Säulen: den öffentlich-rechtlichen Sparkassen und ihren zentralen Landesbanken, den Genossenschaftsbanken sowie den privaten Instituten. Für Verbraucher und Gewerbe hat sich das bewährt: Flotter Wettbewerb sichert der Kundschaft im internationalen Vergleich günstige Preise und guten Service. Das dichte Netz an Filialen der 1.800 Sparkassen und Kreditgenossenschaften reicht bis in den hintersten Winkel der Republik, während sich die Privaten längst in die großen Städte zurückgezogen haben. Auch die Gewerkschaft Ver.di ist mit dem Dreisäulenmodell zufrieden, sichert es doch doppelt und dreifach Jobs und Einkommen. Unzufrieden sind dagegen die privaten Großbanken, denn die lästige Konkurrenz verhindert Oligopol-Profite wie sie in Großbritannien und Italien möglich sind.
WestLB und Sparkassen bereiten sich seit längerem auf eine Zukunft ohne staatliche Garantien vor – denn die werden im Sommer auf Druck aus Brüssel bundesweit endgültig fallen. Danach werden sich viele Sparkassen als zu klein erweisen. Von den Neunzigerjahren bis jetzt haben von mehr als 600 Sparkassen nur 472 überlebt. Tendenz weiter sinkend. Das gilt übrigens ebenso bei den Genossenschaftsbanken.
Mit dem Fall der Staatsgarantien wächst die Versuchung für Stadtkämmerer und Landespolitiker, Kasse zu machen. Davor stehen allerdings juristische Hürden wie die Sparkassengesetze der Länder.
Derweil brodelt die Gerüchteküche. Die Commerzbank, die schwächelt wie die bald italienische Hypo-Vereinsbank, soll erste Sondierungsgespräche mit der WestLB darüber geführt haben, ob ein Zusammenschluss sinnvoll ist. Selbst die Deutsche Bank dürfte Interesse haben, um im lange verachteten Privatkundengeschäft wieder auf die Beine zu kommen.
HERMANNUS PFEIFFER