: Mehr Glamour für die Oldtimer
ERWEITERUNG Endlich kann das Deutsche Technikmuseum die Verwirklichung langgehegter Pläne angehen: mehr Platz für die Sammlungen und einen Eingang am Landwehrkanal. Berlin kaufte dafür Gelände von der Bahn
VON ROLF LAUTENSCHLÄGER
An den Ausstellungen liegt es gewiss nicht, dass das Deutsche Technikmuseum (DTM) im Kräftemessen mit anderen großen Berliner Museen oft den Kürzeren zieht. Während etwa das Geld für Neubauten und die Sanierung der Häuser auf der Museumsinsel locker sitzt, gibt es seit Jahren für das DTM fast nur Brosamen. Auch der Glamour großer Schauen strahlt eher aus den Kunstmuseen in Mitte denn aus den Lokschuppen, Raketensilos oder Flugzeughangars an der unscheinbaren Trebbiner Straße in Kreuzberg.
Dabei ist das Deutsche Technikmuseum durchaus ein Superlativ in der Hauptstadt. Mit über 600.000 Besuchern jährlich rangiert es auf Augenhöhe mit den großen Museen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Es ist Berlins erfolgreichstes Landesmuseum, mit wunderbaren Objekten, darunter einer exzellenten Abteilung über Optik.
Als architektonischer Höhepunkt entstand 1999/2000 nach den Plänen der Berliner Architekten Wolff & Pitz für damals 140 Millionen Mark der innovativste und größte Museumsneubau in Deutschland: ein hohes, vierstöckiges, über 100 Meter langes Gebäude mit einer Gesamtnutzfläche von 20.000 Quadratmetern für die Abteilungen Schifffahrt, Luft- und Raumfahrt samt neuer Bibliothek für über 400.000 Bände. Spektakulärer Blickfang ist seither ein restaurierter „Rosinenbomber“, der über dem Dach aufgehängt wurde und als Zeugnis der Luftbrücke quasi für immer am Berliner Himmel schwebt.
Seither ist baulich ein Stillstand auf dem weiträumigen Gelände hinter dem Landwehrkanal eingekehrt, der ganz gut mit dem Dornröschenschlaf korrespondiert, in dem sich die ausrangierten Schienenanlagen des wild wuchernden Naturparks „Gleisdreieck“ im Rücken des DTM befinden.
Zwar hat die Stiftung Deutsches Technikmuseum immer wieder Erweiterungs- und gar Masterpläne entworfen und auf die Beendigung der „Hinterhofsituation“ ihres Eingangsbereichs hingearbeitet. Verändert hat sich wenig – bis auf ständige Neuerwerbungen für die Sammlungen, die mit Exponaten der Industriekultur bis ins Computerzeitalter natürlich ins Gigantische wachsen. Genau diese Fülle an Objekten hat jetzt zur Entscheidung für zwei Erweiterungspläne geführt. Ab 2011 kann DTM-Direktor Dirk Böndel einen Teil der umfangreichen Automobilsammlung aus Oldtimern, Rennwagen und ersten Stadtbussen in der einstigen Ladestraße des Anhalter Güterbahnhofs von 1874 ausstellen.
Die flachen, aber mehrere hundert Meter langen Güterumschlagshallen an der Möckernstraße – parallel zum Museum – hat das Land Berlin von der Bahn erworben. Für 4,8 Millionen Euro werden ab 2010 die ersten von einst 24 Schuppen für 1.800 Quadratmeter Fläche umgebaut.
Einziehen soll die Schau „Mensch mobil“, in der es um Motoren, Verkehr „und bahnbrechende Innovationen der individuellen Mobilität“ gehen wird, wie Böndel erklärt. Zugleich reflektiert die Ausstellung, „wie sich mit der neuen Mobilität die Welt, die globale Wirtschaft und Gesellschaft verändert hat“.
Mit dieser Erweiterung wäre das Areal des Technikmuseums dann zweigeteilt: Im Westen liegt der bisherige Museumsbereich, östlich davon die neu renovierte Ladestraße, die sich bis tief nach Süden zum Gleisdreieckpark hinzieht. Dazwischen tut sich als Lücke ein rund 70 Meter breites Band aus Niemandsland, ja ein Vakuum auf, das von Unkraut und ruinösen alten Bahnanlagen perforiert wird.
Diese duale Situation soll in einem zweiten Bauabschnitt mit der Rekonstruktion einer parallelen Ladestraße und einem zentralen Kopfbau geeint werden. Als Verbindungsbau – zwischen jetzigem „Spectrum“ und Museumskomplex – hätte dieser zugleich die Aufgabe, endlich einen großen Eingang des Museums an der Stirnseite des Areals, hin zum Landwehrkanal, zu öffnen.
Seit der Gründung des einstigen „Museums für Verkehr und Technik“ 1982 ist dies übrigens geplant. Architekten und Museumsleute fordern schon lange die Lückenschließung und den Hauptzugang des Hauses am Landwehrkanal. Diesen Plan hat Berlin bisher liegen lassen.
Jetzt musste man die Summe des neuen Museumsquartiers von 25.000 Quadratmeter Fläche auf rund 62 Millionen Euro hochkalkulieren – eine Summe, die wohl erst nach 2011 vom Land Berlin fließen wird. Einen Namen hat der geplante Neubau aber schon: „Technoversum – Das Museum der Zukunft“.
Kenner wird das freuen, denn das entwickelte Modell der Technikschauen mittels Objekten und komplexen Erklärungen kommt doch an die Grenzen der Belastbarkeit. Ein „Technoversum“ mit innovativer Gestaltung böte die Chance neuer musealer und konzeptioneller Technikerfahrung. Zudem wird bis dahin auch der neue „Gleisdreieckpark“ fertig sein. Er könnte dann die ideale grüne Fortsetzung von der musealen in die landschaftlich inszenierte Technik- und Industriekultur bilden.
■ 4. bis 6. September, Museumswochenende im Technikmuseum. Infos: www.sdtb.de