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Archiv-Artikel

Auf gesunden Füßen stehen

Panter-Nominierte Katja von dem Busche behandelt Kinder mit Klumpfüßen in Eritrea

Hier stellen wir jeden Samstag eine in die Endauswahl gekommene KandidatIn für den taz-Panterpreis vor.

Beide Füßchen von Cheneb zeigen nach innen. Fast im rechten Winkel. Das drei Tage alte Mädchen aus Eritrea würde mit diesen Klumpfüßen ihr Leben lang beeinträchtigt sein. „Hier lege ich Cheneb einen Gipsverband an“, sagt Katja von dem Busche und zeigt das nächste Foto. Bis zu den Oberschenkeln werden die Beine des Babys in Gips gepackt, die Mutter hält das Mädchen auf einer anderen Fotografie im Arm. Besorgt sieht sie aus. Doch durch die Behandlung der Ärztin aus Bremen hat Cheneb gute Chancen, sich normal zu entwickeln.

„Klumpfüße treten in Afrika dreimal häufiger auf als in Europa“, sagt von dem Busche beim Treffen in einem Berliner Café. „Und in Eritrea, einem kleinen Land, in dem es viel Inzucht gibt, kommt die genetisch bedingte Fehlbildung noch öfter vor.“ Dabei könne man viele Fälle ohne Operation, sondern nur mit mehreren Gipsen gut behandeln, erklärt die Kinderärztin. Und genau das möchte sie in Zukunft verstärkt tun.

Bevor Katja von dem Busche ihre Assistenzarztstelle in Bremen antrat, war sie drei Monate in Tansania, um dort untere anderem Kinder mit Deformität der Füße medizinisch zu versorgen. Im Rahmen eines Projekts der Hilfsorganisation „Hammer Forum“ verbrachte sie in diesem Jahr zwei Wochen in der eritreischen Hauptstadt Asmara. Allein in der ersten Woche verarztete sie 15 Kinder mit 23 Klumpfüßen. „Ich habe mit dem eritreischen Gesundheitsminister über ein mögliches Hilfsprojekt gesprochen und habe einen einheimischen Pfleger angelernt, damit er die wöchentlichen Gipswechsel in meiner Abwesenheit durchführen kann“, sagt von dem Busche und zeigt ein Foto, auf dem sie selbst gemeinsam mit Pfleger und zugleich Dolmetscher Tewalde Isaak zu sehen ist.

Im Juli fährt Katja von dem Busche wieder nach Eritrea – sie nimmt dafür Urlaub. „Erholungsurlaub habe ich auf dem Klinikformular angekreuzt.“ In dieser Zeit wird sie vor allem die nach mehrwöchiger Gipsbehandlung häufig notwendige Achillessehnen-Durchtrennung vornehmen: „Danach kommt der Fuß erneut drei Wochen in Gips.“

Sie hofft, dass sie bald ihren eigenen Verein gründen kann, der sich um die Klumpfüße eritreischer Kinder kümmert. Einen Namen hat sie sich schon ausgedacht: „Ponte – das heißt Pediatric Orthopedic Network in Eritrea. Und ein bisschen Ponseti, der Name des Erfinders der Gipsmethode, steckt auch noch drin.“ Sie möchte ihre Stelle in Bremen reduzieren, um mehr Zeit für die Kinder in Eritrea zu haben. Für Katja von dem Busche ist es wichtig, dass sie sich in ihrem Hilfsprojekt auf eine Sache konzentriert und keine bürokratischen Hürden überwinden muss. „Mit der Klumpfußbehandlung kann man mit wenigen finanziellen Mitteln schon sehr viel bewirken“, sagt sie. „Gips, Watte, Schienen und ein Skalpell – eine Behandlung nach der Ponseti-Methode kostet etwa 80 Euro und ist damit viel günstiger als eine meist nur mäßig erfolgreiche Operation.“

Zusätzlich möchte von dem Busche Personal vor Ort schulen und die kleinen Patienten und ihre Familien unterstützen. „Manche Mütter können sich nicht einmal die Fahrt mit dem Bus in die Hauptstadt leisten“, berichtet sie. Deshalb hat sie vor, auch in den ländlichen Gegenden Zentren zur Klumpfußbehandlung einzurichten. „Meine Vision ist ein klumpfußfreies Eritrea und die Ausbreitung von ‚Ponte‘ auf andere afrikanische Länder.“ JUTTA HEESS