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Sehr schwer zu halten

Frankfurt schlägt im DFB-Pokal Darmstadt 98 mit 4:2. Wieder einmal besonders wertvoll: Randal Kolo Muani. Wenn er bei der Eintracht bleibt, sind ganz große Ziele realistisch

Aus Frankfurt Frank Hellmann

Es gibt gleich mehrere Kulthymnen, die ein Fan von Eintracht Frankfurt parat hat. „Schwarz-Weiß wie Schnee“ von der Trash-Metal-Band Tankard ist einer dieser Songs, der trotz der Kokain-Ermittlungen gegen Eintracht-Präsident Peter Fischer auch vor dem DFB-Pokalachtelfinale gegen den SV Darmstadt 98 aus den Lautsprechern dröhnte, ehe der Bundesliga-Fünfte den Zweitliga-Spitzenreiter mit 4:2 (2:2) niederrang.

Wenn ein Fußballspiel wie gemacht dafür war, von den unappetitlichen Vorwürfen gegen den nicht anwesenden Fischer abzulenken, dann dieses. Die Hessen erhalten sich nach dem Sieg Optionen in drei Wettbewerben. Offenbar reichte es Trainer Oliver Glasner noch nicht, dass Manager Markus Krösche mit dem Erreichen des Pokalfinals, dem Weiterkommen in der Champions League gegen den SSC Neapel (Hinspiel 21. Februar) und mindestens Platz vier in der Bundesliga zuletzt die Messlatte sehr hoch gelegt hatte. Am Ende zähle es doch nur, „den Pott in den Händen zu halten, „das wollen wir“, sagte der Österreicher. Man sei „glücklich, erleichtert und froh, dass wir gegen richtig gute Darmstädter gewonnen haben“.

Durch Mathias Honsak (29. und 31.) ging Darmstadt zwischenzeitlich sogar mit 2:1 in Führung, doch auf der Gegenseite war ein Stürmer zu finden, der laut Darmstadts Trainer Torsten Lieberknecht („eine ärgerliche Niederlage“) noch einmal „vier Stockwerke“ höher steigt: Randal Kolo Muani. Ein Ausbund an Wucht und Willen, der schlicht nicht zu halten ist. „Ich freue mich, dass ich meine Qualitäten immer besser ausspielen kann“, sagte Muani gewohnt bescheiden.

Der ebenso geschmeidige wie durchsetzungsstarke Franzose erzielte nicht nur das frühe 1:0 (6.) und späte 4:2 (90.), sondern legte auch für Daichi Kamada das wichtige 3:2 auf (62.). Nur am fein herauskombinierten 2:2 durch Rafael Borre (44.) war er nicht beteiligt. 14 Tore und 15 Vorlagen hat der aktuell beste Bundesligaspieler bereits auf seiner ersten Auslandsstation wettbewerbsübergreifend fa-briziert. Der vor den Augen von DFB-Sportdirektor Rudi Völler glänzend aufgelegte Mario Götze stimmte ein Loblied auf diesen Mittelstürmer an. „Er bringt eine unheimliche Qualität mit, gerade auch im Abschluss. Er gibt unserem Spiel sehr, sehr viel. Er ist ein sensationell guter Spieler“, sagte Götze später in der ARD.

Götze, 30, wirkt hingegen so drahtig wie nie zuvor und findet für seine Steckpässe in Muani, 24, einen Abnehmer, der die Komplimente umgehend zurückgab: „Meine tiefen Läufe passen gut zu meinen Mitspielern, die hart arbeiten, um mich glänzen zu lassen. Wir passen einfach gut zusammen.“ Der gegenseitige Nutzen erinnert an frühere Zeiten, als Uwe Bein einst einen Anthony Yeboah mit besten Grüßen auf die Reise schickte und damit den Fußball 2000 erfand.

„Er gibt unserem Spiel sehr, sehr viel. Er ist ein sensationell guter Spieler“

Mario Götze über Randal Kolo Muani

Die beiden Unterschiedsspieler der Gegenwart weisen zudem eine interessante Schnittstelle auf: So wie Götze 2014 Deutschland in der Verlängerung zum Weltmeistertitel gegen Argentinien schoss, hätte es ja auch Muani mit Frankreich im Finale 2022 fast getan, wenn nicht der argentinische WM-Torwart Emiliano Martinez seinen Fuß ausgefahren hätte. So hat Muani das Glück oder Pech, nicht als „Goldjunge“ zu gelten. Kürzlich sprach Muani sehr offen über dieses verpasste Tor und den verpassten WM-Titel: „Es ist etwas, was mich stärker gemacht hat.“ Den Beleg erbringt er bei der Eintracht, fast ohne Begrenzung.

Insofern passt das neue Lied sehr gut, das sich die Frankfurter Fankurve ausgedacht hat. Über den Refrain des 90er-Jahre-Hits „No Limit“ wurden jene Verse gelegt, die in englischen Stadien mal den Brüdern Yaya und Kolo Touré galten. Wäre bloß dumm, wenn der neue Liebling der SGE-Gemeinde bald weiterziehen würde. Manager Krösche will Muani jedoch halten. „Wenn Spieler sich deutlich schneller entwickeln als der Klub, bin ich bereit, sie ziehen zu lassen, aber diesen Zeitpunkt sehe ich bei Randal noch nicht.“ Dass der Wundermann seinen bis 2027 laufenden Vertrag bei den Hessen erfüllt, dürfte allerdings auch ausgeschlossen sein.

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