: Lange Schwächephase
Covid und Ukrainekrieg haben die deutsche Wirtschaft in die Krise gestürzt. Doch auch ohne diese Schocks würde Deutschland schwächer wachsen
Der deutschen Wirtschaft steht nach Einschätzung prominenter Ökonomen eine jahrelange Phase schwachen Wachstums bevor. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW), das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen und das Ifo-Institut in München gehen übereinstimmend davon aus, dass die jährlichen Wachstumsraten mittelfristig unter einem Prozent liegen werden – und damit sehr viel niedriger als im Schnitt der vergangenen dreißig Jahre.
„Das Potenzialwachstum für die deutsche Wirtschaft dürfte in diesem Jahrzehnt auf unter 1,0 Prozent sinken“, sagte DIW-Präsident Marcel Fratzscher. Das sei vor allem dem Rückgang der Beschäftigung durch Demografie und Fachkräftemangel geschuldet. Fratzscher kritisierte aber auch große wirtschaftspolitische Fehler der vergangenen Jahre.
Laut IfW Kiel wuchs die deutsche Wirtschaft in den vergangenen dreißig Jahren im Mittel um jährlich 1,4 Prozent. Laut mittelfristiger Projektion des IfW dürfte das bis 2027 auf unter 0,7 Prozent zurückgehen. „Das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange“, sagte Vizepräsident Stefan Kooths.
Am RWI Essen ist die Einschätzung ganz ähnlich: „Die Krisen der vergangenen zwei Jahre haben das Wachstum der deutschen Wirtschaft zwar geschwächt, es hätte sich aber ohnehin in den kommenden Jahren verringert“, sagte auch Konjunkturchef Torsten Schmidt. Laut Mittelfristprojektion des RWI dürfte das Wachstum des Produktionspotenzials von 1 Prozent in diesem Jahr auf 0,6 Prozent im Jahr 2027 zurückgehen.
Nach Erwartung des Münchner Ifo-Instituts dürften sich unter normalen Umständen die Wachstumsraten der deutschen Wirtschaftsleistung bis Ende des Jahrzehnts zwischen etwa einem halben und einem drei Viertel Prozent bewegen. Die Baby-Boomer-Generation scheide aus dem Arbeitsleben aus, sagte Ifo-Konjunkturforscher Robert Lehmann. Da weniger Menschen ins Arbeitsleben nachrücken, könne das Ausscheiden der Älteren nicht mehr kompensiert werden. „Damit nimmt der bereits jetzt beobachtete Fachkräftemangel noch spürbarer zu in den kommenden Jahren“, sagte der Ökonom. (dpa)
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