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Archiv-Artikel

Familienpolitik auf dem Flickenteppich

Christdemokratischer Senat entdeckt seine Vorliebe für Familienpolitik neu und nimmt mehrere Kürzungen zurück. Ein buntes Patchwork an Projekten soll Schmerzen lindern, ohne zusätzliches Geld zu kosten. SPD und GAL können nichts Neues entdecken

Von Sven-Michael Veit

Vielleicht habe sein Senat, zähneknirscht Bürgermeister Ole von Beust, „im Eifer der Konsolidierung das Kind mit dem Bade ausgeschüttet“. Keinesfalls jedoch könne die Rede davon sein, beteuert seine Stellvertreterin und Familiensenatorin Birgit Schnieber-Jastram (beide CDU), „dass alles falsch ist, was wir gemacht haben“. Es gebe allerdings „Korrekturbedarf“ in der christdemokratischen Familienpolitik. Und deshalb hat der Senat „ein umfangreiches Maßnahmenpaket“ verabschiedet für einen Neuanfang (siehe Texte unten).

Drei bereits beschlossene Etatkürzungen werden teilweise rückgängig gemacht. Die Zuschüsse für Schülerfahrten von 3,5 Millionen Euro jährlich werden nicht gestrichen, sondern auf 1,5 Millionen gesenkt, die Zuwendungen an den Hamburger Sportbund sinken um nur 2,5 Millionen Euro im Jahr statt um die beabsichtigten 3,5 Millionen. Und der Jugendmusikschule wird eine Einnahmesteigerung von 645.000 Euro abverlangt statt der geplanten 1,2 Millionen: Die Gebührenerhöhung dort fällt also weniger drastisch aus.

Das alles kostet, obwohl es nichts kosten darf. Einmalig investiert der Senat 2,5 Millionen Euro, weitere etwa zwölf Millionen kommen an jährlichen Betriebskosten hinzu. Das alles soll vorwiegend „durch Umschichtungen in den Behördenhaushalten“ aufgebracht werden sowie durch Einsparungen bei Dienstfahrten und Bildungsurlauben von Beamten wie auch durch weniger Aufträge für Gutachten. Einen Nachtragshaushalt für das kommende Jahr werde der Senat dennoch im November der Bürgerschaft vorlegen müssen, räumt von Beust ein.

Und verspricht zugleich, dass es „in dieser Legislaturperiode keine weiteren Einschnitte geben wird, die Familien besonders treffen würden“. Trotz der „unverändert angespannten finanziellen Situation“ der Stadt sei diese Zusage „verbindlich“, so der Regierungschef. Es gehe dem Senat darum, Familien „zu stärken“, und deshalb werde in der Familienbehörde seiner Stellvertreterin ein „Familien-TÜV“ eingerichtet. Schnieber-Jastram werde künftig „alle Senatsentscheidungen auf ihre Familienfreundlichkeit prüfen“.

Die Opposition hält von all dem nicht viel. „Für den Großteil der Hamburger Familien bessert sich nichts“, kommentiert die SPD-Abgeordnete Carola Veit. Im Gegenteil kämen im nächsten Jahr „Belastungen von insgesamt rund 25 Millionen Euro auf Familien zu“. Viele der Vorhaben seien zudem eh bereits beschlossen oder Teil schon laufender Programme. So sieht das auch GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch: „Der Senat verkauft alte Maßnahmen als neue, das ist nur Kosmetik“. So habe sie „zentrale Teile“ des Programms bereits vor zwei Jahren öffentlich vorgestellt, den Familien-TÜV habe die Behörde schon in einer Pressemitteilung vom 13. Juni 2003 bejubelt, hat Goetsch recherchiert.

Gebessert habe sich seitdem „nichts“, so die Grüne, „und Besserung ist auch nicht in Sicht“.