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AfD-Anleihen bei Neonazis

Von Gareth Joswig

Die AfD demonstriert dieser Tage ungeniert ihren antidemokratischen Charakter: Neben dem dumpf rassistischen Brief des Cottbuser Bürgermeisterkandidaten Lars Schieske (Text links) gab es allein in der vergangenen Woche mehrere entsprechende Belege dafür: Deutlich wurde am Montagabend der Frontmann des offiziell aufgelösten völkischen AfD-Flügels, Björn Höcke, in einer Grundsatzrede im thüringischen Gera. Darin übte der Rechtsextremist den Schulterschluss mit Russland und Wladimir Putin, der nur der nächste Hitler sei, den westliche Medien aus den Hut gezaubert hätten. Russen und Deutsche hätten „eine ähnliche seelische Prägung“, sagte Höcke. Zudem sei ihm der „traditionelle Osten“ halt näher als der „globalistische Westen“. Die Bundesrepublik bezeichnete Höcke als „Regenbogenimperium“, „das die Zerstörung der Nation durch Masseneinwanderung forciere“ und „Mann und Frau den Kampf angesagt habe“. Applaus gab es nach dieser Rede trotzdem nicht zu knapp von nach Polizeiangaben 10.000 Demonstrierenden.

„Singe uns das völkisch’Lied, oh Geist, Du sie­gender“

Aber auch in der AfD-Bundestagsfraktion gibt es Anlass, genau hinzuschauen: So informierte der RBB über eine Anfang der Nullerjahre veröffentlichte rechtsextreme Gedichtsammlung, die offenbar dem Brandenburger Abgeordneten Steffen Kotré zuzuschreiben ist. Die Lyrik klingt nach Blut und Boden: „Rühre, wie die Trommel, unser nordisch’Blut / singe uns das völkisch’Lied, oh Geist, Du siegender /schmelze ein das schwarze Eisen in der weißen Glut.“ Dutzende derartiger Gedichte mit Gewaltverherrlichung, Reichsflaggenliebe und sonstigen nationalistischem Kitsch sollen ab 2001 unter dem Titel „Kotrés Welt“ auf der Website eines „Deutschherrenklubs“ veröffentlicht worden sein. Es würde nicht überraschen, wenn sie tatsächlich aus dessen Feder stammen: Sein Name stand bereits auf einer kürzlich öffentlich gewordenen Unterstützerliste für den Holocaustleugner Horst Mahler.

Am Samstag veröffentlichte schließlich Die Welt eine Recherche, nach der der mehrfach verurteilte Gewalttäter Mario Müller bei dem AfD-Abgeordneten Jan Wenzel Schmidt aus Sachsen-Anhalt arbeitet. In den sozialen Medien kursierende Fotos zeigten Müller in der Pressestelle des Bundestags, wo er offenbar einen Hausausweis beantragen wollte. Ende 2017 hatte Müller zwei Zivilpolizisten angegriffen, die er offenbar für linke Aktivisten hielt – bewaffnet mit Reizgas, Schutzhelm und Schild. Das Ausstellen eines Hausausweises für Müller wurde von der Bundestagsverwaltung offenbar zunächst abgelehnt.

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