Nebenklage: Soko fehlerlos

Die Polizei-Arbeit hat Walter Schmel als Anwalt der Mutter des ermordeten Felix im Hoffmann-Prozess genau hinterfragt. Sein Fazit: Die viel gescholtenen Ermittler verdienen „hohes Lob“

Das deutsche Strafrecht gilt als stark Täter zentriert. Für die Rechte der Opfer sieht die Strafprozessordnung allerdings die Nebenklage vor. Auskunft über diese Funktion und über seine Rolle im Mordprozess gegen Marc Hoffmann gibt Rechtsanwalt Walter Schmel, der in Stade die Mutter des getöteten achtjährigen Felix vertreten hat.

taz: Herr Schmel, in einem Strafprozess zieht der Staat einen Beschuldigten zur Rechenschaft – nicht anders im Hoffmann-Verfahren. Wozu bedarf es da überhaupt einer Nebenklage?

Walter Schmel: Eine Nebenklage ist in diesem Verfahren sinnvoll, weil es um ganz gravierende Delikte geht. Da ist es erforderlich, dass die Opfer-Angehörigen selbst ihre Rechte wahrnehmen können. Denn es ist ja nicht immer gesagt, dass die Erwägungen der Staatsanwaltschaft mit denen der Angehörigen voll übereinstimmen. Das haben wir in diesem Verfahren erlebt: Bei der Frage, inwieweit die Öffentlichkeit zugelassen werden sollte, gab es unterschiedliche Auffassungen zwischen Staatsanwaltschaft und Nebenklage.

Daneben gibt es das ureigene Interesse der Nebenklage, eine Art Ausgleich für die Opfer zu schaffen …

Opferentschädigung. Opferausgleich ist dem Begriff nach etwas ganz anders – nämlich eine Lösung zwischen Täter und Opfer. Bei so massiven Kapitaldelikten wie diesem ist so etwas auszuschließen. Es geht hier um Opferentschädigung. Unter diesem Aspekt sind auch die zuletzt eingeführten Anträge auf Prozesskosten-Erstattung und Schmerzensgeldszahlungen wichtig.

Geht es ausschließlich ums Geld, oder auch um Genugtuung?

Mit Sicherheit. Es gibt natürlich die verschiedenen finanziellen Gesichtspunkte– aber in erster Linie geht es um Genugtuung. Die Strafe, die den Angeklagten erwartet, soll schließlich Sanktion sein. Diese Sanktion wird selbstverständlich auch dazu verhängt, um eine gewisse Genugtuung für die Angehörigen zu erreichen.

Als Nebenklage-Vertreter haben Sie die Arbeit der polizeilichen Sonderkommission kritisch unter die Lupe genommen. Frage war: Hätte Felix Tod verhindert werden können? Mittlerweile scheinen Sie davon auszugehen, dass der Polizei keine Versäumnisse vorzuwerfen sind.

Ja. Zu Anfang haben wir einige Fragen aufgeworfen; sie waren aus meiner Sicht notwendig. Sie sind von der Soko beantwortet worden. Man hat uns dargelegt, in welchem Umfang ermittelt wurde. Wir sprechen der Soko sogar hohes Lob für ihr Engagement aus.

Gab es daran nicht anfänglich Zweifel?

Dass man Verdachtsmomente, die sich erst im Laufe einer Ermittlung erhärten, im Nachhinein als sehr bedeutsam einschätzt, ist verständlich. Wir sind trotzdem – das will ich noch einmal ganz deutlich sagen – der Auffassung, dass hier allein der Täter der Angeklagte ist. Niemand anderes ist für den Tod von Felix oder von Levke verantwortlich – außer ihm.

Die Kammer wird in Kürze das Urteil gegen Marc Hoffmann verkünden. Rechnen Sie damit, dass der Richter dem Antrag auf Höchststrafe folgt?

Hoffmanns Verteidiger sind in ihrer Argumentation flach geblieben. Ich gehe deswegen nicht davon aus, dass wir eine Überraschung erleben. Zumal die übrigen Beteiligten – Staatsanwaltschaft und Nebenklage – allesamt das gleiche Strafmaß beantragt haben. Aus meiner Sicht gibt es eigentlich keine andere Möglichkeit, als diesen Anträgen zu folgen und ein entsprechendes Urteil zu fällen.

FRAGEN: Kai Koppe