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„Es kann auch komplett kollidieren“

In der Hamburger Reihe „4fakultät“ improvisieren Mu­si­ke­r:in­nen gemeinsam und stilübergreifend

Foto: Maik Gräf

Simon Roessler

46, kuratiert die Reihe „4fakultät“.

Interview Benjamin Moldenhauer

taz: Herr Roessler, Herr Bessonov, was verändert sich, wenn Mu­si­ke­r:in­nen nach dem Spielprinzip von „4fakultät“ auftreten?

Simon Roessler: Wir laden vier Künst­le­r:in­nen ein, die im Wechsel spielen, ohne Pause, aber mit Überschneidungen, in denen sie gemeinsam improvisieren. Der Abend ist so strukturiert, dass alle irgendwann miteinander in Berührung kommen. Das ist wie ein Staffellauf, und es entsteht ein kontinuierlicher Fluss. Es geht nicht nur um Kontraste, die Stile sagen sich gegenseitig etwas – oder schreien sich auch mal an. Man erfährt etwas Neues über die Musik. Wenn ich zum Beispiel Noise nur als brachiale Wand höre, dann ist das was anderes, als wenn da auf einmal etwas ganz Filigranes dazukommt.

Konstantin Bessonov: Meistens knistert die Luft, weil niemand genau weiß, was jetzt passiert. Es kann sehr harmonisch werden, es kann aber auch komplett kollidieren. Was aber meist genau so schön ist.

Konzert „4fakultät 20: Kunsthaus Edition II“ mit Valentina Magaletti und Laila Sakini, Audrey Chen, „Vinyl -terror & -horror“ sowie Moneyfriends: Sa, 6. 8., 20 Uhr, Kunsthaus Hamburg, https://4fakultaet.de

Frau Patrone, angekündigt sind „Sounds zwischen Klassik, Jazz und Ambient“, „Vinyl-Punk“ und „Noise-Rock-Free-Jazz“. Nach welchen Kriterien stellen Sie das Programm zusammen?

Tintin Patrone: Die Idee ist, Diversität zu ermöglichen, interessante Kontraste und Begegnungen zu schaffen und verschiedene musikalische Disziplinen zu verbinden. Raumgreifende und intime Positionen, Punk und Akademie.

Bessonov: Dabei ist natürlich alles total subjektiv und die eigene Wahl oft kaum sachlich zu begründen. Ganz anders ist das bei der Zusammenstellung der einzelnen Acts. Sobald wir uns auf die ersten ein, zwei Positionen geeinigt haben, ist es wie ein Puzzlespiel, bei dem die Teile wie von Geisterhand ineinandergleiten.

Foto: Melanie Bohn

Konstantin Bessonov

35, kuratiert die Reihe gemeinsam mit Roessler.

Roessler: Es gibt auch Verbindungen zwischen den Künstler:innen, so unterschiedlich sie sind: Wir haben zwei Schlag­zeu­ge­r:in­nen dabei, Valentina Magaletti und Fabian Jung von Moneyfriends. Und Laila Sakini und Audrey Chen verwenden beide ihre Stimme als Instrument, aber mit ganz unterschiedlichen Ergebnissen.

Bessonov: Das Unberechenbare muss auch immer mit rein. Heute Abend sind das „Vinyl- terror & -horror“: Turntables aufeinander getürmt, die ein sehr eigenwilliges Musikleben entfalten.

Foto: privat

Tintin Patrone

39, ist Künstlerin und Co-Kuratorin des Abends.

Welches Zusammentreffen in der Reihe war denn besonders denkwürdig?

Roessler: Zum ersten 4fakultät-Konzert im Kunsthaus vor einem Jahr hat Michela Pelusio als Klangerzeuger eine deckenhohe Lichtspirale mitgebracht, in die hat sie Seilstücke reingeworfen, und es kamen Soundflächen und Pulse wieder heraus. Das hat sich dann gemischt mit einer Klangmaschine von Pierre Bastien, die stolpernde Rhythmen und Loops fabriziert. Beides waren neue Instrumente, die man sich so auch als Installation in einer Ausstellung hätte anschauen können.

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