Protest in Güstrow: Solidarischer Antifaschismus

Wenn Großstadt-Antifas aufs Land zur Demo fahren, ist man dort nicht immer begeistert. Ganz anders war das kürzlich in Güstrow zu erleben.

Bei einer Demonstration gegen rechten Terror hält man ein Plakat mit der Aufschrift "Stoppt Nazi-Terror"

Gegen rechte Gewalt: Zumindest darauf kann man sich einigen Foto: picture alliance/dpa/Arne Dedert

GÜSTROW taz | Viele urbane Ak­ti­vis­t:in­nen pflegen ein ambivalentes Verhältnis zur sogenannten Provinz. Innerhalb der linken Subkultur ist ein Abgrenzungsbedürfnis weit verbreitet, nicht nur gegenüber einem gesellschaftlichen Mainstream, sondern auch gegenüber den ländlichen Gebieten, aus denen viele von ihnen einst vor Piefigkeit, Perspektivlosigkeit und rechten Umtrieben in die Städte geflohen sind.

Dennoch fuhren vergangenen Samstag mehrere hundert Menschen aus Berlin, Hamburg, Köln und vielen weiteren Städten mit Bus und Bahn nach Güstrow im Landkreis Rostock. Sie demonstrierten dort für die Schließung des Schießstands „Großer Bockhorst“ und gegen rechtsradikale Netzwerke in Polizei und Bundeswehr, für die der Schießstand eine Art „infrastrukturelles Rückgrat“ darstelle. Der Betreiber des Schießstands ist einer der führenden Köpfe der Nordkreuz-Gruppe, die mutmaßlich in Vorbereitung auf die Ermordung politischer Geg­ne­r:in­nen illegal beschaffte Behördenmunition und Waffen hortete.

Doch im Gegensatz zu sonst teilweise als „Strafexpeditionen“ titulierten Demos von Großstadt-Antifas auf dem Land sollte es diesmal anders laufen. Statt die eigene Auswärtsfahrt in Szene zu setzen, waren im Vorfeld zahlreiche Infoveranstaltungen in der Region abgehalten und Kontakte zu Güs­tro­wer Ak­ti­vis­t:in­nen geknüpft worden, die es eben auch gibt.

Die Mitorganisatorin Karen Larisch (Die Linke) zeigte sich erfreut über die vielen Angereisten. Die Demo sei sehr groß für Güs­trow, stellte sie fest, was auch notwendig sei, denn sonst würde der Protest nicht gehört. Es sei kein Zufall, dass sich rechtsradikale Netzwerke in der Gegend angesiedelt hätten, da es schon davor Strukturen gegeben hätte, die niemand hätte sehen wollen.

Jetzt plant beispielsweise der ehemalige AfD-Landessprecher und wegen Volksverhetzung verurteilte Holger Arppe, vor dessen Büro die Demo auch Halt machte, ein völkisch-nationales Zentrum in Güstrow. „Ich rechne mit einem Backlash auf die Demo, denn ich kenne mein Güstrow und meine Nazis hier“, sagte Larisch. „Doch wenn wir nichts machen würden, hätten sie schon gewonnen.“ Deshalb sei die überregionale Unterstützung sehr willkommen.

Die vielen Leute seien eine echte Unterstützung, da sonst auch mal nur zwanzig Leute zur Demo kämen

Wenn sich auf dem platten Land rechtsradikale Vereinigungen bilden, die dann schließlich Menschen in ganz Deutschland ins Visier nehmen, kann die Antwort nicht nur in lokalen Protesten liegen. Maria Kowalski, die Pressesprecherin der Kampagne „Nationalismus ist keine Alternative“, stellt fest: „Wir finden die örtlichen Strukturen ungeheuer mutig. Als An­ti­fa­schis­t:in­nen gehen wir einerseits dahin, wo wir gebraucht werden, wollen aber den Leuten vor Ort auch signalisieren, dass wir sie nicht alleine lassen.“

Das richtet sich auch an die Ak­ti­vis­t:in­nen aus Güstrow, die bisherige Proteste allein auf sich gestellt organisiert hatten. Die vielen Leute seien eine echte Unterstützung, sagte eine jugendliche Sprecherin, da sonst auch mal nur zwanzig Leute kämen.

Sie selbst würde wahrscheinlich zum Studium wegziehen. Vielleicht dann mit einer anderen Perspektive auf das nicht so ruhige Hinterland.

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