: Steht alles so in der Bibel
Zentrale Idee der Evangelikalen: Gottes Wort gilt
Von Eiken Bruhn
Evangelikal“ ist ein Sammelbegriff für evangelische Christ:innen, die für sich in Anspruch nehmen, ihr Leben an biblischen Vorschriften auszurichten. Der Ursprung der Bewegung liegt im 17. und 18. Jahrhundert, sie ist auf der ganzen Welt verbreitet. Darunter fallen Pfingstbewegung und Pietismus.
Viele Evangelikale sind Mitglieder sogenannter Freikirchen, etwa Baptist:innen. Die Freikirchen werden im Unterschied zu den evangelischen Landeskirchen nicht aus Steuergeldern, sondern Spenden finanziert. Wie hoch der Anteil von Evangelikalen in den Landeskirchen ist, ist unbekannt.
Manche Christ:innen lehnen den Begriff „evangelikal“ für sich als Zuschreibung von außen ab, obwohl sie die Grundsätze teilen, wie sie etwa die Evangelische Allianz Deutschland, der Dachverband evangelikaler Gemeinden und Vereine, auf ihrer Homepage formuliert hat. Dazu gehört die persönliche Beziehung zu Jesus Christus und die Betonung seines Opfertodes, die Anerkennung der Bibel als „höchste Autorität in allen Fragen des Glaubens und der Lebensführung“ sowie die Verantwortung, andere Menschen zum Christentum zu bekehren.
In diesen Punkten unterscheiden sich evangelikale von evangelischen Christ:innen, deren religiöse Führer:innen im Grundsatz keine Dogmen des rechten Glaubens ausgeben und dazu ermutigen, die Bibel als historisches Zeugnis zu betrachten, mit deren Texten man sich auseinandersetzen soll, um zu überprüfen, ob sie (noch) eine Relevanz für das eigene Leben und die Gesellschaft haben.
Besonders deutlich treten die Unterschiede zutage, wenn es um gesellschaftspolitische Themen geht wie Schwangerschaftsabbruch, Homosexualität, queere Identitäten, Sexualität und Geschlechtergerechtigkeit. In diesen Fragen ziehen Evangelikale die Bibel als richtungsweisend heran, weniger in Fragen von Körperhygiene, Ernährungsvorschriften oder Strafmaßnahmen.
Manche versuchen, gezielt Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen. Etwa über die Website idea.de, deren Macher:innen sie als „unabhängige evangelische Nachrichtenagentur“ bezeichnen und die der evangelischen Allianz nahesteht. Letztere ruft zum jährlichen „Marsch für das Leben“ gegen das Recht auf Schwangerschaftsabbruch in Berlin auf.
Es gibt inhaltliche und teils personelle Überschneidungen mit der Neuen Rechten sowie Coronaleugner:innen. Verbindend ist der Wunsch nach Wiederherstellung einer übersichtlicheren Ordnung – vor allem in Bezug auf Geschlechterrollen und Vorherrschaft des christlich geprägten Westens.
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