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Archiv-Artikel

Spiel im Biergarten

Argentinien und Mexiko bieten im Halbfinale des Confederations Cup über weite Strecken gepflegte Langeweile. Die endet beim Elfmeterschießen und einem 6:5 für die Argentinier

AUS HANNOVER MARKUS VÖLKER

Die Argentinier hatten vor dem Spiel viel Kraft gelassen. Sangesfreudig brachten sie den Bus, mit dem sie am Sonntag ins Stadion chauffiert worden waren, wie eine Barkasse in der Dünung zum Schaukeln. Von innen klatschten sie mit Schmackes gegen die getönten Scheiben, die wohl nur durch glückliche Umstände heil blieben. Die A-cappella-Vorstellung dauerte einige Minuten. Dann entstiegen die Percussionisten dem Gefährt, ganz cool, als wäre ihnen vorher kein Laut entfahren. Auf dem Spielfeld der Hannoveraner Arena sollten die Argentinier noch viel mehr Kraft lassen. Ein auszehrendes Spiel hatten sie im Halbfinale des Confederations Cup gegen die Auswahl Mexikos zu überstehen, ein Match, das erst nach Verlängerung und Elfmeterschießen entschieden war, knapp zugunsten der Argentinier mit 6:5.

Die südamerikanischen Sangeskünstler wehklagten im Chor über den anstrengenden Kick. „Wir mussten die ganze Zeit fighten ohne Ende, es war ein harter Kampf“, stöhnte Juan Pablo Sorin. „Es war ungefähr so intensiv, wie wir es erwartet hatten“, ächzte Abwehrspezialist Gabriel Heinze. „Wir wussten, dass es kompliziert werden würde, Mexiko zu schlagen – und genauso ist es gekommen“, fasste Javier Zanetti die Ansichten der Ausgepumpten zusammen.

Sicher, die Argentinier wie die Mexikaner hatten alles gegeben. Doch über weite Strecken der Partie schien es, als spielten beide Teams Sommerfußball, eine äußerst elaborierte Form des Sommerfußballs zwar, aber doch Sommerfußball. Der Ball lief. Der Pass kam. Oder auch nicht. Allzu penetrant wurde dem Ballführenden nicht zu Leibe gerückt. Kurz und gut: Die Abwehr stand. Auf beiden Seiten.

Ein perfektes Biergartenspielchen ging über die Bühne des Niedersachsenstadions. Man musste nicht immer das Geschehen beobachten. Das taktische Geplänkel im Mittelfeld ließ Aufmerksamkeitsauszeiten zu, die Armut an Höhepunkten sowieso. Das Match hielt sich diskret im Hintergrund, erst in den Bonusrunden der Partie war Konzentration Pflicht. In den 90 Minuten der regulären Spielzeit, die gepflegte Langeweile bot, sah man mal hin, weil der Spielzug gefiel, dann wieder studierte man die ballferne argentinische Dreierkette und ihr Jojo-Spiel der Verschiebung hin zur Mittellinie bzw. her zum Keeper. Oder man nahm Javier Zanetti in Augenschein, der sein 100. Länderspiel für Argentinen bestritt und nach überstandener Tortur verkündete, er habe es im Himmel lesen können, dass seine Elf der Sieg erwarte. „Wir haben es verdient“, glaubte der Jubilar.

Dass das Spiel nicht zündete, mag auch daran gelegen haben, dass jeweils die Stärken des anderen vehement bekämpft wurden. Zwei Meister der Raumaufteilung übten sich in der Kunst der Neutralisierung. Schwer zu sagen, wem das besser gelang. Anfangs wohl eher den Mexikanern, die sich, nach erledigter Destruktion im Mittelfeld, ein ums andere Mal in den Rücken der argentinischen Abwehr schlichen, dann aber meist an ihrer Kopfballschwäche scheiterten. Die beste Chance hatte der Mexikaner Zinha, als er einen Schuss aus 20 Metern an den Pfosten setzte. Sein Team tat alles andere, als sich zu verstecken. Warum auch? Mexiko war bis dato ein Jahr lang ungeschlagen, in zwanzig Partien – und auch während des Konföderationen-Pokals ernteten sie Lob von allen Seiten für ihre kecke Spielweise.

Je mehr Minuten verrannen, desto ungeduldiger wurden die Argentinier. Ihr Kurzpassspiel klappte nicht recht, auch nicht der lange Pass auf die Spitzen, Spielmacher Riquelme irrte ideenlos im Mittelfeld umher, also besannen sie sich auf die argentinischen Untugenden und holzten ein bisschen. Fabricio Coloccini fiel besonders unrühmlich auf. In einem ersten Anfall von Böswilligkeit drückte er seine Stollen in den Scheitel Borgettis. Dann checkte er den Mexikaner Morales in übler Manier. Er sprang sein Opfer derart brutal an, dass dieses mit Rippenprellung und blutender Gesichtswunde ausgewechselt werden musste. Der Schiedsrichter belohnte die Tat mit einer gelben Karte, ungnädiger war das Publikum, das jede Ballberührung Coloccinis mit Pfiffen quittierte. Saviola versuchte es etwas cleverer als das gemeingefährliche Goldlöckchen, doch seine Schwalbe im Strafraum war zu offensichtlich. Später verabschiedete Saviola sich mit einer roten Karte vom Feld. Der Mexikaner Marquez folgte ihm kurze Zeit später.

Den Platz wusste der Mexikaner Carlos Salcido in der Verlängerung zur Führung zu Nutzen, nachdem er die komplette Dreierkette des Gegners in ihre Einzelteile zerlegt hatte. Argentinien antwortete, was Trainer José Pekerman lobend hervorhob: „Es war kein großes Spiel, aber meine Mannschaft hat sehr hart gekämpft“, sagte er. Sein Gegenüber, Ricardo La Volpe, hatte sehr wohl „ein großes Spiel“ seiner Mannschaft gesehen. „Vielleicht lag der Unterschied in den individuellen Fähigkeiten. Wir hatten das bessere Teamspiel, konnten daraus aber keinen Nutzen ziehen“, sagte er. Gelegenheit, es besser zu machen, haben die Mexikaner noch, am Mittwoch im Spiel um Platz drei gegen die deutsche Elf.