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DasunersetzbareKatzenbild

Das Web 2.0 ist gerade volljährig geworden, da steht schon der Nachfolger bereit: das Web3. Wie es das Internet verändern soll, warum die Blockchain eine zentrale Rolle spielt und was Ölgemälde und elitäre Affen damit zu tun haben, erklärt unser Abc

Von Svenja Bergt (Text) und Anaïs Edely (Illustrationen)

Affen: Ein übertrieben breiter, nahezu schnabelförmiger Mund. Riesige Zähne. Segelohren. Es ist schon ein sehr markantes Profil, das die Bilder der Affenfiguren vom Bored Ape Yacht Club (BAYC) zeigen. Die Comicfiguren, von denen mittlerweile eine mindestens fünfstellige Anzahl existiert, sind eine NFT-Sammlung auf der Ethereum-Blockchain. Alle sehen ähnlich aus, aber keine zwei sind identisch: Mal sitzt eine Kopfbedeckung von Krone bis Kapitänsmütze auf dem Kopf, mal schießt ein Laserstrahl aus den Augen. Hier steckt ein halb aufgeblasener Luftballon im Mund, dort hängt ein labbriges Stück Pizza heraus. Wer ein Affen-NFT kauft, bekommt nicht nur ein Eigentumszertifikat, sondern auch das Eintrittsrecht zum Club. Vielleicht besteht darin ein Teil des Hypes: Zahlreiche Prominente haben schon Affenbilder erworben – etwa Madonna, die gut eine halbe Million US-Dollar ausgab für einen Affen mit Mütze, pinkem Fell und dem Augensymbol, das vor dem bösen Blick schützen soll. Hinter dem Projekt stehen die Internetmillionäre Greg Solano und Wylie Aronow. Was der Bored Ape Yacht Club nun ist? Da gehen die Ansichten auseinander. Entweder ein ziemlich überhyptes Konzept zum Geldverdienen (für die Macher) und Geldausgeben (für die Anleger:innen). Oder ein früher Indikator dafür, dass Smart Contracts noch ziemlich wichtig werden.

Blockchain: Basis des Web3 (Drei).Blockchains werden auch heute schon verwendet, etwa bei Kryptowährungen (Ether)oder Smart Contracts. Das Prinzip lässt sich etwa anhand einer Banküberweisung erklären. Banküberweisungen funktionieren, weil es eine zentrale, vertrauenswürdige Instanz gibt, nämlich die Bank, die sicherstellt, dass Absenderin und Empfänger der Überweisung authentifiziert sind und dass das Geld auch ankommt. Aber was, wenn wir diese zentrale Instanz nicht haben oder nicht haben wollen? Dann hilft das Prinzip Blockchain. Hier lassen sich Daten – zum Beispiel Geldtransfers – dezentral und trotzdem manipulations­sicher verwalten. Das funktioniert, weil die Transaktionen für alle transparent und nachvollziehbar sind. Dabei kommen je nach Architektur der Blockchain unterschiedliche Mechanismen zum Einsatz, um eine Transaktion zu bestätigen. Klingt abstrakt? Ist es auch. Das liegt zum einen daran, dass Blockchains im Alltag der meisten Menschen nicht vorkommen. Zum anderen hat es damit zu tun, dass die Technologie sich noch nicht ganz gefunden hat. Klar, Kryptowährungen gehen per Blockchain und auch der Handel mit NFTs. Aber das Potenzial könnte auch für den analogen Alltag relevant werden: Zum Beispiel könnte eine Blockchain dabei helfen, entlang einer Lieferkette nachzuweisen, dass alle Bestandteile eines Produkts aus fairer Produktion stammen.

Creators: im weiteren Sinne Menschen, die digitale Inhalte wie Texte, Musik, Podcasts, Bilder oder Videos online veröffentlichen. In einer engeren Definition sind es Menschen, die diese Inhalte veröffentlichen und dafür von ihren Fans bezahlt werden. Damit verbunden ist eine Abgrenzung zu Influencer:innen, die ihr Geld mit Werbung, Product-Placement oder Sponsoring verdienen. Creators können ihre Werke auch als NFT verkaufen.

Drei: Auch im Internet gilt: Nach 1 und 2 kommt 3 (zumindest meistens). Dementsprechend ist das Web3 der Nachfolger von Web 2.0, das wiederum Nachfolger von Web 1.0 ist. Die Einserversion bezieht sich auf das statische Internet der 90er Jahre. Die Zweier-Version beschreibt etwa ab 2004 das, was viele Nut­ze­r:in­nen derzeit als Internet wahrnehmen: Netzwerke und Plattformen, auf denen auch nutzergenerierte Inhalte stattfinden. Hier kann zwar je­de:r zwischen den Rollen von Kon­su­men­t:in und Schöp­fe­r:in wechseln. Aber es gibt immer noch wenige zentrale Plattformen als Player. Das Versprechen des Web3 (ohne den Punkt und die Null, schließlich soll hier etwas Neues signalisiert werden) lautet dagegen: Dezentralität. Also genau das, was wir in Zeitalter von Facebook, Amazon und Google, die in ihren Branchen marktdominante Akteure mit entsprechender Macht sind, vermissen. Garant für die Dezentralität soll die Blockchain-Technologie sein. Auf ihr sollen, so die Idee, die dezentralen Anwendungen laufen. Ein Zahlungsdienst wie Paypal wäre dann nicht mehr an ein Unternehmen gebunden, das Überweisungen kontrolliert, gegebenenfalls ablehnt und Geld und Daten für seine Dienste verlangt. Sondern an verschiedene, dezentral laufende Apps, die keine Daten sammeln und weitgehend unreguliert sind. Was natürlich auch Nachteile hätte – Stichwort Geldwäsche. Be­für­wor­te­r:in­nen wie die Web3-Foundation versprechen ein „dezentrales und faires Internet, wo Nut­ze­r:in­nen ihre Daten, ihre Identität und ihre Schicksale kontrollieren“. Das kann die eigene Vorstellungskraft schon mal sprengen – aber in den 50er Jahren hätte sich auch niemand ein Internet vorstellen können.

Ether: Kryptowährung, die gerade dabei ist, dem Platzhirsch Bitcoin den Rang abzulaufen. Das liegt an der hinter Ether stehenden Open-Source-Blockchain Ethereum. Die Beliebtheit von Ethereum lässt sich am besten im Gegensatz zu Bitcoin erklären: Bitcoin wurde ursprünglich als Währung konzipiert, mit der Nut­ze­r:in­nen unkompliziert und ohne weitere Kosten internationale Transaktionen durchführen können. Dieser Zweck wurde spätestens dann obsolet, als Spe­ku­lan­t:in­nen Bitcoin entdeckten. Aber auch für Anleger:innen, die nicht sekündlich die Kurse checken, ist die Volatilität, also letztlich das Risiko, etwas zu stark. Bitcoin befindet sich so gesehen in einer Sinnkrise. Ethereum dagegen setzte früh auf Smart Contracts und NFTs. Markt­be­ob­ach­te­r:in­nen kommen zu dem Schluss, dass im vergangenen Jahr rund drei Viertel aller NFT-Transaktionen direkt über Ethereum abgewickelt wurden. Als Vorteil gelten die aktive Entwickler:innen-Community, ein weit verzweigtes Blockchain-Ökosystem mit zahlreichen dezentralen Anwendungen und ein Vertrauensbonus. Schließlich gibt es mittlerweile einiges an Erfahrungen in Sachen Smart Contracs im Ethereum-Universum.

Fungible: Klingt nach einer Pizza, meint aber so viel wie „ersetzbar durch eine identische Sache“. Non-fungible ist also nicht ersetzbar. Am Beispiel von Kunst lässt sich das gut erklären: Monets berühmtes Ölgemälde „Le Déjeuner“ ist als Gemälde nicht ersetzbar. Es gibt ein Original, sollten Kopien auftauchen, lassen die sich leicht als solche enttarnen. Das Original lässt sich also nicht ersetzen. Malen Sie aber mit Ihrem Paint-Programm eine verzweifelt dreinschauende Katze und laden diese Datei ins Netz – dann kann je­de:r sie herunterladen, vervielfältigen, weiterverbreiten. Original und Kopie? Nicht zu unterscheiden. Ihr Bild ist damit durch eine identische Kopie ersetzbar. Bis Sie Ihr Katzenbild als NFT authentifizieren lassen. Wer das Original hat, ist damit in der Blockchain gespeichert, ebenso wie eventuelle Weiterverkäufe. Nun ist ihr Original-Katzenbild nicht mehr ersetzbar.

Grafikkarten: Utensil zum Mining, also zur Gewinnung von Kryptowährungen, die mit dem Proof-of-Work-Konzept arbeiten. Nachteil für Gamer:innen: Der Preis für hochwertige Grafikkarten steigt und mitunter ist der Markt weitgehend leergekauft.

Höhlenmalerei: frühe Kunstform mit stark dokumentarischem Charakter. Insofern ist es nur folgerichtig, dass der Autor und Kunstexperte Kolja Reichert in seinem Buch „Krypto-Kunst“ die frühen NFTs als Höhlenmalerei der Krypto-Kunst bezeichnet. Der Blick des Kunstkritikers: Bisher sei „Krypto-Kunst weitestgehend frei von ästhetischem oder konzeptuellem Orientierungssinn“.

Identität: Im Web3 sollen Inhalte über die Blockchain mit digitalen Identitäten verknüpft werden können, um damit Urheber- oder Eigentumsrechte nachzuweisen (NFT).Damit verbunden ist ein neues Konzept von Identitäten: Sie sollen sich nicht länger als Profile bei den Diensteanbietern (ein Account bei Facebook, einer bei Spotify, einer bei Netflix und so weiter) befinden, sondern selbstverwaltet und damit selbst kontrolliert in der Blockchain. Damit sind mehrere und auch anonyme Identitäten möglich.

Jpeg: mögliches Dateiformat eines Bild-NFT, ebenso wie mp3 für Audios oder mp4 für Videos. Eine der teuersten jpeg-Dateien ist das Werk „Everydays: the First 5000 Days“ des Künstlers Beeple, das im vergangenen Jahr für eine Summe von 69 Millionen US-Dollar beim Aktionshaus Christie’s versteigert wurde. Übrigens als erstes „rein digitales Kunstwerk“ überhaupt bei einer Christie’s-Auktion.

Kraftwerke: Dass die Kryptowährung Bitcoin ein Stromverbrauchsproblem hat, ist spätestens seit vergangenem September klar. Damals geriet ein US-Unternehmen aus der Kryptowährungsbranche in die Schlagzeilen, das ein altes Kohlekraftwerk kaufte, um es weiterzubetreiben – für die eigene Bitcoin-Gewinnung. Solche Fälle sind zwar die Ausnahme, aber in einer Welt, in der es um die Reduktion des CO2-Ausstoßes geht, ist eben jedes länger betriebene Kohlekraftwerk eines zu viel. Zum Glück gibt es mittlerweile neuere Generationen von Blockchains, auf denen Kryptowährungen ohne Stromver­brauchs­problem aufbauen – und die sogar Vorteile für Nachhaltigkeit und Umwelt bringen könnten. Vielleicht schafft es ja eine dieser Währungen eines Tages, den ursprünglichen Zweck von Bitcoin zu erfüllen: Geld einfach, sicher und günstig auch international zu transferieren.

Löschen: ein Konzept, das in der Blockchain eigentlich nicht vorgesehen ist. Und was daher mit dem Recht auf Vergessenwerden aus der Datenschutz-Grundverordnung kollidiert. Ein Konflikt, der noch wichtig werden könnte, wenn es um personenbezogene Daten geht, die in der Blockchain liegen.

Minting: Umwandlung einer beliebig oft kopierbaren Datei – zum Beispiel eines jpg-Bilds – in ein NFT, und damit in ein Unikat. Die Datei wird dabei in der Blockchain verankert. Es kann zwar immer noch Kopien geben, aber was Original ist und was Kopie, ist nun dokumentiert. Beim Minting, aber auch beim Kaufen oder Verkaufen von NFTs werden Gebühren fällig, das sogenannte Gas Money. Dies gilt es vor der Investition einzukalkulieren, um nicht von hohen Gebühren und einer überschaubaren Wertsteigerung eines Kaufs überrascht zu werden.

NFT: non-fungible token. Man kann sich NFTs vorstellen wie eine Besitz­urkunde für etwas Digitales. Das können etwa Audio-, Video- oder Textdateien sein, Programmiercodes oder digitale Kunstobjekte. NFTs basieren auf einer Blockchain, beliebt ist dafür Ethereum (Ether).Berühmte NFTs können für Millionensummen vermarktet werden – genauso gibt es aber Betrügereien und Totalverluste. Dennoch sind die Hoffnungen, die in das NFT-Konzept gesetzt werden, groß: Es birgt das Potenzial, dass Kreative ihre Werke selbst vertreiben und die Konditionen – wie etwa Lizenzgebühren – direkt in der Blockchain verankern. Übrigens: Digitalität und Blockchain zum Trotz lassen sich NFTs auch vernichten. Dabei werden sie an eine bestimmte Adresse in der jeweiligen Blockchain geschickt, von der aus sie nicht weitergegeben werden können. „Verbrennen“ heißt dieser Vorgang. Auch ein Weiterverkauf ist so nicht möglich. Alle bisherigen Transaktionen bleiben jedoch erhalten und dokumentiert, Blockchain sei Dank.

Organisation: Es klingt ein bisschen nach anarchistischem Kollektiv: Dezentrale autonome Organisationen, kurz DAOs, machen zusammen Dinge, und das ohne Steuerung durch Führungskräfte und Hierarchien. DAOs gibt es in ganz unterschiedlichen Bereichen von Finanzen und Währungen über Social Media bis zur Philantropie. Abstimmungen, Regeln, Transaktionen werden in der Blockchain festgehalten, sodass sie immer für alle nachvollziehbar sind. Wer Mitglied ist, lässt sich durch die Ausgabe von Tokens regeln. Und was machen diese DAOs nun so? Das kann ganz verschieden sein. Prominent ist zum Beispiel die Gruppe, die Geld zusammenlegte, um eine Ausgabe eines unverfilmten Drehbuchs zu ersteigern – das Verfilmen aber scheiterte am fehlenden Urheberrecht. Oder die Gruppe „Assange DAO“. Nachdem große Kreditkartenfirmen Spenden an Wikileaks verhinderten, mussten andere Zahlungswege gefunden werden. Kryptowährungen waren einer davon. „Assange DAO“ hat es sich zum Ziel gesetzt, den inhaftierten Whistleblower zu befreien – und hat nach eigenen Angaben unter anderem mehrere Millionen US-Dollar an Spenden für den juristischen Beistand gesammelt. Und die Gruppe „City DAO“ arbeitet an einer blockchainbasierten Stadt – mit physischem Land und einer eigenen Verwaltung, die bei den Bür­ge­r:in­nen selbst liegt.

Proof of work: stromintensives Prinzip, auf dem die meisten Kryptowährungen und dahinterstehenden Blockchains basieren. Stromintensiv deshalb, weil die Computer komplexe Rechenaufgaben lösen müssen, um die Transaktionen zu bestätigen. Wer mit dem hochgerüstetsten Rechner am schnellsten ist, gewinnt. Es gibt mehrere Alternativen, die mit deutlich weniger Rechenleistung und Energiebedarf auskomm, eine davon heißt Proof of Stake. Dabei muss das Blockchain-Netzwerk einen Konsens darüber erzielen, welcher Teilnehmer den nächsten Block erzeugen darf. So eine Umstellung der Blockchain ist jedoch mindestens schwierig: Ethereum wollte das schon vor einigen Jahren schaffen, laut einer Ankündigung sollte es nun im zweiten Quartal dieses Jahres so weit sein. Ob es noch klappt, wird sich also zeigen. Um­welt­schüt­ze­r:in­nen, unter anderem von Greenpeace USA und der Environmental Working Group, fordern schon mal mit der Kampagne „Change the Code: Not the Climate“ („Ändert den Code, nicht das Klima“), auch bei Bitcoin eine Umstellung auf einen engergiesparenden Verifikationsmechanismus.

Quatsch: Einer der Kritikpunkte am Web3: Das alles sei nun wirklich vollkommener Quatsch und ein Buzzword, das nur dazu diene, bekannte Ideen wie Blockchains,Smart Contracts oder Dezentralität zusammenzufassen und so besser zu verkaufen. Ein weiterer: Auch im so dezentralen Web3 würden letztlich wieder die Konzerne und das Kapital den Ton angeben. So twitterte etwa Jack Dorsey, der mit Twitter einen der populärsten Web2.0-Dienste gegründet hatte und jetzt auch in der Krypto-Branche unterwegs ist: „Dir gehört das Web3 nicht. (…) Es ist letztlich eine zentralisierte Einheit mit einem anderen Etikett.“

Rug pull: Das Web3 ist philantrophisch und überhaupt sehr sonnig und Eier­kuchen? Äh, nicht unbedingt. Auch damit wollen genügend Menschen ordentlich Geld verdienen, und wo es um Geld geht, gibt es eben auch Betrug. Zum Beispiel Rug Pulls. Eine Masche, die ihrem Namen der Idee von einem Teppich (rug) verdankt, der einem unter den Füßen weggezogen wird (pull). Bei einem Rug Pull baut ein Anbieter ein scheinbar echt erscheinendes Kryptowährungsprojekt auf, sammelt dafür Geld der An­le­ge­r:in­nen ein – und verschwindet. Rug Pulls liegen im Trend: Der aktuelle Bericht des Blockchain-Dienstleisters Chainalysis beziffert den dadurch entstandenen Schaden für das vergangene Jahr auf 2,8 Milliarden US-Dollar.

Smart contracts: auf der Blockchain laufende Programme, die ausgeführt werden, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. So wird die Ausführung einer Vereinbarung automatisiert. Damit kann etwa eine Industrieanlage automatisch ihre Wartung beauftragen, ohne dass weitere vermittelnde Stellen benötigt werden.

Token: digitale Einheit einer Kryptowährung oder eines anderen Kryptovermögenswertes. Auch Bitcoin ist so gesehen ein Token. Bedeutung hat der Begriff allerdings vor allem im Zusammenhang mit NFTs und mit Projekten im Bereich dezentralisierter Finanzen (DeFi). Die Tokens repräsentieren dabei Anteile an dem Defi-Produkt. Mitunter geben sie dem:­der In­ha­be­r:in auch die Möglichkeit, die Zukunft eines Protokolls oder einer App zu beeinflussen. Für An­le­ge­r:in­nen ist jedoch Vorsicht geboten: Denn in der Praxis sind zahlreiche Tokens schlicht unregulierte Wertpapiere – mit dem Risiko des Total­verlustes, zum Beispiel nach einem Betrug (Rug Pull).

Umwelt: Was ist eigentlich mit Klimaschutz und Nachhaltigkeit, wenn haufenweise Dienste auf der Blockchain aufbauen? Schließlich ist Bitcoin schon jetzt mehr Stromfresser als vertretbar für den Planeten. Allerdings: Es gibt mittlerweile jüngere Blockchain-Generationen, die nicht auf den strom­intensiven Mechanismus von Bitcoin setzen. Stephan Ramesohl, Co-Leiter des Forschungsbereichs Digitale Transformation in der Abteilung Kreislaufwirtschaft am Wuppertal Institut, erklärte kürzlich im taz-Interview, dass diese neuen Generationen sogar im Sinne von Umweltschutz und Nachhaltigkeit eingesetzt werden können. Zum Beispiel können sie Lieferketten transparent machen und weit­gehend vor Manipulationen schützen. So wüsste die Kun­d:in genau, wann Schokolade wirklich fair gehandelt und das T-Shirt aus Bio-Baumwolle ist. Auch ein Peer-to-peer-Handel im Strommarkt ließe sich so realisieren: Dann könnte eine private Solaranlage, die überschüssigen Strom erzeugt, diesen automatisiert an das Auto vom Nachbarn fünf Häuser weiter verkaufen. Dokumentation und Abrechnung per Blockchain.

Vitalik Buterin: Programmierer und einer der Schöpfer der Ethereum-Blockchain. Das Wirtschaftsmagazin Forbes setzte ihn dieses Jahr auf seine Liste 30 wichtiger Personen, die jünger sind als 30 Jahre. Geboren wurde er in Russland, im Alter von sechs Jahren ging er zusammen mit seinen Eltern nach Kanada. Bereits in der dritten Klasse wurde seine Hochbegabung erkannt.

Wallet: digitale Geldbörse, mit der sich Kryptowährungen aufbewahren und zum Bezahlen verwenden lassen.

X-fach: Als ob die Menschheit in einer Welt noch nicht genug Unfug veranstaltet – mit dem Metaverse, das teilweise als Teil des Web3 begriffen wird, soll eine digitale Welt dazukommen, die mit der analogen untrennbar verknüpft ist. Eine Art begehbares Internet, in dem die Menschen sich ständig als Avatare bewegen, dort kommunizieren, konsumieren, arbeiten, ihre Freizeit verbringen. Kryptospiele wie Decentraland erlauben jetzt schon einen ersten Einblick in das, was eines Tages möglich sein könnte. Spannend ist auch die Frage, was es heißt, wenn die Wirtschaft eines Metaverse quasi komplett entkoppelt ist von den natürlichen Ressourcen – weil etwa der Kauf eines neuen Avatar-Outfits zwar immer noch Rechnerressourcen benötigt, aber eben keine Baumwolle, Pestizide, Nä­he­r:in­nen und Transportwege mehr. Und sich der Konsum so quasi endlos vervielfachen könnte.

YuzuSwap: eine von zahlreichen dApps – das sind Apps, die auf der Blockchain laufen –, die es heute schon gibt. Die Webseite dappradar.com listet aktuell eine vierstellige Zahl an dApps auf, unter anderem aus den Bereichen dezentralisierte Finanzen (Token),aus dem auch YuzuSwap stammt, Social Media, Gaming oder Handel.

Zukunft: Das Web3 mit seinem Dezentralitätsgedanken ist erst in Ansätzen vorhanden, und auch vom Metaverse ist noch nicht so richtig viel erfahrbar. Kein Wunder: Es gibt noch diverse ungelöste Probleme sowohl technischer als auch organisatorischer Art. So sind die meisten Internetverbindungen für Haushalte noch viel zu langsam und die Zeitverzögerung zu groß, als dass sich eine virtuelle Welt flüssig anfühlen könnte. Gerne gehypte Virtual-Reality-Brillen sind noch ein Nischenprodukt. Und bei der Blockchain-Technologie kann ausgerechnet das Transparenzkonzept zu Problemen führen. Was etwa, wenn manche Informationen zwar dort verankert, aber nicht öffentlich sein sollen? Zudem gibt es weitere parallele Entwicklungen, etwa das Internet der Dinge, in dem quasi alles, was ein Strom- oder Ladekabel hat, auch ans Internet angeschlossen sein könnte. Global geht die Entwicklung eher in Richtung Splinternet: Staaten schotten sich vom globalen Internet ab und verfolgen mit eigenen, zensierten, kontrollierten Diensten und umfassender Überwachung ihre Bür­ge­r:in­nen auf Schritt und Tritt. Was davon sich durchsetzen wird? Noch ist alles drin.

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