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„Wir wollten Lust auf das Haus machen“

Die Bahn verkauft 9-Euro-Tickets, die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz5-Euro-Tickets. Was ist da los?

Foto: Lupi Spuma

Lena Fuchsist Pressesprecherin der Volksbühne.

Interview Andreas Hartmann

taz: Frau Fuchs, gerade war ich nach langer Zeit mal ­wieder in der Volksbühne und habe mir dort das Stück „Geht es Dir gut?“ von René Pollesch angesehen. Die Karte habe ich auf einem Flohmarkt in Neukölln gekauft, wo die Volksbühne überraschend einen eigenen Stand hatte. Die Karten für alle ­Repertoire-Vorstellungen im Großen Haus bis Anfang Juli gab es für den Schleuderpreis von 5 Euro. Was war da denn los?

Lena Fuchs: Unser Ziel war in erster Linie, eine Einladung auszusprechen, überhaupt mal wieder die Volksbühne zu entdecken. Die Idee war, damit an einen ungewöhnlichen Ort zu gehen, der aber gut frequentiert wird, auch von jungen interessierten Leuten.

Inwieweit hat die Aktion etwas damit zu tun, dass die Volksbühne in den letzten ­Wochen schlechte Presse bekam und davon die Rede war, dass die Theater­vorstellungen bei Ihnen gerade ziemlich schlecht besucht würden?

Ich fürchte, wir haben es hier mit einem generellen Problem der Theater nach der Pandemie zu tun. Es zeigt sich, dass der Zuspruch der Zuschauerinnen nicht so hoch ist, wie wir das aus der Zeit vor Corona gewöhnt sind. Ich glaube, da ist die Volksbühne nur ein Beispiel unter vielen. Wir merken alle, dass die Zuschauerinnen noch sehr zurückhaltend sind. In den Gesprächen mit den Leuten auf dem Flohmarkt haben wir auch festgestellt, dass ganz viele die Volksbühne schon kennen und früher auch oft hingegangen sind. Jetzt aber sehr lange nicht mehr im Theater waren. Viele Häuser im deutschsprachigen Raum machen inzwischen bestimmte Kartenaktionen, um das Publikum bis zum Sommer zu locken. Wir sitzen alle in einem Boot und versuchen gerade, den Theaterbesuch wieder attraktiver zu machen. Ich glaube also nicht, dass es ein Volksbühnen-spezifisches Problem gibt. Aber ja, auch wir wünschen uns mehr Publikum.

Scheint ja gut gelaufen zu sein auf dem Flohmarkt, die Vorstellung von „Geht es Dir gut?“ war so gut wie ausverkauft.

Ich war selber da und habe mir schon gedacht, dass hier bestimmt ein paar Leute mit den Tickets vom Flohmarkt gekommen sind, wir hatten dort zwischen zehn und zwanzig verkauft. Dazu muss man aber sagen, dass das Stück auch so immer sehr gut läuft.

Wie viele Karten konnten Sie denn am Ende auf dem Trödel verkaufen?

Wir haben so im unteren dreistelligen Bereich verkauft. Wir wollten aber auch gar nicht bodenlos viele Karten loswerden oder die Volksbühne ausverkaufen, sondern eher Lust auf das Haus und sein Programm machen.

War das eine einmalige ­Aktion oder buchen Sie bald erneut einen Flohmarktstand?

Bis zum Ende der laufenden Spielzeit war das auf jeden Fall einmalig. Wir haben ein sehr gutes Feedback bekommen von den Leuten. Und so überlegen wir jetzt, die Aktion vielleicht zum Beginn der nächsten Spielzeit zu wiederholen.

Haben Sie sich mit der Aktion auch ein Stück weit an das 9-Euro-Bahnticket angelehnt? Wollen Sie einen ­Inflationsausgleich für die Kulturinteressierten anbieten?

Wenn ein Grund für das zögerliche Verhalten des Theaterpublikums ist, dass die Leute gerade ihr Geld zusammenhalten müssen, dann machen wir damit natürlich auch ein Angebot, das budgetfreundlich ist. Aber die Inflation ist nur ein Grund unter vielen, warum wir das gemacht haben.

Haben Sie keine Angst davor, dass es jetzt heißt, der Volksbühne geht es so schlecht, dass sie ihre Karten schon auf dem Flohmarkt verramschen muss?

So eine Feststellung fände ich ein wenig eindimensional. Die Idee hinter unserer Aktion war: Wenn die Leute nicht zur Volksbühne kommen, muss die Volksbühne eben zu den Leuten kommen.

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