: Wenn Passanten Ballettröckchen tragen
Leipzig- Connewitz,
19.254 Einwohner*innen,
ist mit seiner links-alternativen Szene so etwas wie das Kreuzberg von Leipzig.
Wir sitzen in einem Café in der Bornaischen Straße in Connewitz und werden von einem Mann vom Nachbartisch beobachtet. Die Sonne geht unter, wir trinken kaltes Bier und genießen die letzte Stunde in Leipzig, bevor unser Zug uns zurück nach Berlin fährt. Wir ignorieren die Blicke des Mannes und unterhalten uns weiter, über unseren Radausflug am Zwenkauer See und über die Mietpreise in Leipzig, denn meine Freundin möchte am Ende des Sommers dorthin ziehen.
Der Mann aus dem Nachbartisch hält ein Buch in einer Hand, mit der anderen Hand isst er einen Salat. Eine schmale Brille hängt an seiner Nasenspitze. Auf einmal steht er auf und kommt zu uns. Ob er mir ein Kompliment machen dürfe? „Ich liebe Ihre Zöpfe“, sagt er. „Wenn ich in meinem nächsten Leben eine Frau wäre, würde ich mich auch so frisieren lassen.“ „Warum nicht in diesem Leben?“, frage ich. Dafür habe er nicht mehr genug Haare auf dem Kopf. „Und es ist zu spät, um der Welt zu beweisen, etwas Besonders zu sein.“
In dem Moment geht ein Mensch an uns vorbei: weißer Vollbart, pinkes Ballettröckchen, nach Blumen riechend … Luciana Ferrando
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen