wortwechsel: Zwischen Windkraft und Zugfahren
Das 9-Euro-Ticket weckt Lust an Mobilität, schade, dass dafür fossile Energieträger zum Einsatz kommen. Windstromwirtschaft schickt Windräder in städtische Grüngürtel
Windstrom
„Drangsalierende Quoten“, taz vom 9. 6. 22
Endlich kommen die Windräder dahin, wo sie hingehören: in die Vorstädte und Grüngürtel der großen Stromfresser: Tempelhofer Feld, Grüngürtel Köln, Grünflächen in Stuttgart, Schauinsland in Freiburg, Rheinufer Düsseldorf. Und Bestechungsmöglichkeiten sind auch schon geplant und gutgeheißen: Wir beteiligen die betroffenen Bürger an den Erträgen aus der Windstromwirtschaft. Ähnlich wie: Wer den Autobahnbau befürwortet, der bekommt die Steuer erlassen, Wer mit Braunkohle heitzt, der bekommt den Ofen geschenkt, Auch hier zeigt sich deutlich die übergriffige Art der großstädtischen Perspektive. Franz Scharte, Harsewinkel
Wirtschaftliche Anreize
„Drangsalierende Quoten“,
taz vom 9. 6. 22
Die taz macht mit diesem Aufmacher Stimmung gegen die Aufstellung von Windrädern. Mindestens 1,5 Meter Abstand? Der zugehörige Kommentar wirbt für wirtschaftliche Anreize statt strategisch planvollem Vorgehen. Wandel durch Handel im Energiesektor gelingender Ukraineerfahrung zum Trotz. Hilflosigkeit beim Klimawandel wird konstatiert. Steigender Strombedarf bei technisch untauglichen Techniken ist Fakt. In dieser Situation, den einzigen Hoffnungsstrahl – Erneuerbare – schlecht zu reden, ist kopflos. Wem die Alternative – Erneuerbare – zu dirigistisch ist, dem bleibt, den CO2 Ausstoß zu deckeln, damit die Stromgewinnung. Das will niemand, noch niemand. Könnte/sollte nicht der von der Regierung auf 2 Prozent der Fläche geplante Ausbau der Windenergie kombiniert werden mit niedrigeren Strompreisen in Gemeinden hoher Stromgewinnung?
Klaus Warzecha, Wiesbaden
Ausbau Windkraft
„Drangsalierende Quoten“,
taz vom 9. 6. 22
Wer die intensiven Bemühungen von Habeck mit Einzelgesprächen in den Bundesländern verfolgt hat, um eine Änderung der zum Teil absurd hohen Abstandsregeln zu erreichen, wer gleichzeitig die Notwendigkeit eines Ausbaus der Windkraft akzeptiert, kann nicht nachvollziehen, wie Herr Janzing solche Sätze formulieren kann: Sollten die „Länder noch über einen Funken Selbstbewusstsein verfügen, sollten sie ihn an dieser Stelle aufflammen lassen und erklären, dass sie so nicht mit sich umspringen lassen.“) Völlig sinnfrei ist die Lösung der Probleme mit dem Hinweis auf „ökonomische Instrumente“. Was hat denn das diskussionswürdige Argument auf regional unterschiedliche Preise mit den zu klärenden Abstandsregeln zu tun?
Jochen Pfriem, Bad Homburg
Verkehrswende
„9-Euro-Ticket? Lieber Lastenrad!“, taz vom 4. 6. 22
Vielen Dank für so viel Aufklärung! Ich hatte bisher gedacht, das mit den Lastenrädern wär einfach Kapitalismus – Produkt-Placement, Herdentrieb statt -immunisierung. Dennoch, ich pendle seit 20 Jahren mit dem Rad zur Arbeit. Täglich. Bis auf einmal, da lag Neuschnee morgens kniehoch, gab’s früher gelegentlich. Aber warum ich dafür nun ein Lastenrad bräuchte, erschließt sich mir nicht. Den Gepäckträger hab ich über die Jahre um ein Korbgestell erweitert, reicht. Und gar mit Elektroantrieb? Weil der Strom aus der Steckdose kommt? Knochen, Muskeln und Puste danken mir’s, dass ich bisher selbst am Treten bin – kommt mir wohl auch gerade jetzt bei der Post-Corona-Lungenentzündung zugute. Abgesehen davon earned mir das Retro am Berg heut schon mal street credits bei jungen Leuten – „ui, schon wieder einer, der noch selber radelt!“ Ist auch nicht ohne.
Werner Schottenloher, Regensburg
Soziales Leben
„9-Euro-Ticket legt Privilegien offen“,
taz vom 7. 6. 22
Genau! Danke, Silke Mertins. Alle tollen Angebote wurden von der Bahn gestrichen. Was waren das für coole Zeiten, wo man sich das Wochenend-Ticket mit mehreren (teils auch fremden) Menschen teilen konnte. Da gab es Bahnfahren und soziales Leben für wenig Geld, großartig war das. Später ging das „nur noch für Familien“ et cetera oder mit Name-vorher-Eintragen. Ist die Bahn günstig, fahren viele damit. Emmicam auf taz.de
Lust an Mobilität
„9-Euro-Ticket legt Privilegien offen“,
taz vom 7. 6. 22
Beim gesunden Essen dürften die Unterschiede noch größer sein, bei den Wohnkosten in Relation zum Einkommen ebenso. Die soziale Ausgrenzung existiert überall.Gerade bei der Mobilität aber darf man durchaus nachdenken. Immerhin sollte man sich ja eigentlich darauf verständigen können, dass Mobilität und der Wunsch danach nicht einfach so wünschenswert sind. Jedenfalls nicht, solange dafür fossile Energieträger benutzt werden. Die 9-Euro-Initiative hat jetzt erst mal eine weitgehend nicht notwendige Lust an der Mobilität entfacht. Nicht etwa wurde das Autofahren teurer, im Gegenteil – dank FDP, sondern nur noch mehr Mobilität subventioniert. Ob das der Umwelt hilft, ist fraglich, ob das das vorrangige Bedürfnis der Ärmeren ist, sollte mindestens fraglich sein.
Benedikt Bräutigam auf taz.de
Wasser und Wein
„Wer hält länger durch?“,
taz vom 8. 6. 22
Boris Johnson verkörpert nicht nur für mich den Typ eines Politikers, der in allen Demokratien weltweit dafür sorgt, dass sich immer mehr Bürger von ihrem demokratischen Grundrecht – der Wahl – abwenden. Er verfolgt hauptsächlich seine eigenen Ziele oder die einer kleinen Minderheit, die, ob ihrer eh schon vorhandenen Macht und ihres Reichtums, eigentlich keine Unterstützung benötigt. Es gibt mannigfaltige Redewendungen, die das abstoßende Verhalten dieser Poltiker sehr gut beschreiben, wie zum Beispiel das des Wasser-Predigens-aber-selbst-Wein Trinkens. Udo Siebrasse, Gelsenkirchen
Keine Panik
„Mit BA.5 durch den Sommer“,
taz vom 8. 6. 22
Das Fazit von Kathrin Zinkant trägt einen zu negativen Charakter. Zum einen ist eine Pandemie nicht nur eine medizinische, sondern vor allem gesamtgesellschaftliche Herausforderung, weswegen es gerade in vermeintlich besseren Phasen darauf ankommt, nicht noch zusätzlich durch eine Beibehaltung einer harten Linie die Durchhaltemoral innerhalb der Bevölkerung zu untergraben. Zum anderen gibt es Länder wie Dänemark, wo derzeit anders als in Deutschland sowohl in der öffentlichen als auch politischen Debatte kaum noch jemand über Corona spricht, obwohl dort der so wichtige soziale Zusammenhalt in der Regel sogar noch deutlich stärker als in Deutschland ausgeprägt ist. Deshalb sollte man nicht vorschnell in Panik verfallen.
Rasmus Ph. Helt, Hamburg
Völkerrecht
„Erdoğan gegen alle“, taz vom 3. 6. 22
Dass seine Angriffe jenseits der Grenzen seines Landes völkerrechtswidrig sein könnten, diese Einsicht scheint dem türkischen Präsidenten nicht zu kommen und auch nicht, dass das eine Verletzung der staatlichen Souveränität sein könnte. In seinem Kampf gegen „Terroristen“, worunter auch alle fallen, die nicht seine Weltanschauung teilen, leiden unter seinen Militärschlägen im Norden des Irak und Syriens auch immer wieder Zivilist:Innen, und es kommt zu Flucht- und Migrationsbewegungen. Anders als beim russischen Angriff auf die Ukraine blieb jedoch bisher jeder Aufschrei aus und es erfolgt auch kaum Kritik an der Politik des türkischen Präsidenten; auch nicht von der neuen deutschen „wertegeleiteten Außenpolitik“.
Helga Schneider-Ludorff, Oberursel
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