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Archiv-Artikel

Hohe Haftstrafen in Westsahara

Insgesamt 50 Jahre Haft für drei demonstrierende Befürworter der Unabhängigkeit

MADRID taz ■ Marokkos Justiz kennt keine Gnade. Am Dienstag wurden in El Aaiun drei Jugendliche zu insgesamt 50 Jahren Haft verurteilt. Die Sahrauis hatten an einer Demonstration gegen die marokkanische Besatzung und für die Unabhängigkeit der ex-spanischen Kolonie Westsahara teilgenommen. Sie sollen „Es lebe der Friede!“ und „Es lebe die Unabhängigkeit!“ gerufen haben. Zudem sollen sie die Befreiungsbewegung Polisario haben hoch leben lassen, während sie Steine auf die Polizei schmissen.

Die Verhandlung dauerte zwei Stunden. Der einzige Beweis der Anklage waren Geständnisse der Beschuldigten, die vermutlich unter Folter zustande gekommen sind. Das genügte für eine Verurteilung wegen Terrorismus. Der 19-jährige Hasan Alierach muss für 20 Jahre hinter Gitter, der 18-jährige Hasan Bamud und der 31-jährige Omar Daudi für jeweils 15 Jahre.

Es sind die härtesten Urteile, seit die marokkanische Justiz vor einer Woche mit den Verfahren gegen sahrauische Demonstranten begann. Zehn Anwälte aus dem Umfeld sahrauischer und marokkanischer Menschenrechtsorganisationen hatten die drei verteidigt. Die spanische Tageszeitung El Mundo hatte als einziges ausländisches Medium einen Journalisten im Saal.

Seit Ende Mai kommt es in der seit 1975 von Marokko völkerrechtswidrig besetzten Westsahara immer wieder zu Demonstrationen. Die Demonstranten führen die Fahnen der in den Flüchtlingslagern in Algerien residierenden Exilregierung der Demokratischen Arabischen Republik Sahara mit sich. Immer wieder wurden marokkanische Fahnen verbrannt.

Die „sahrauische Intifada“ begann in der Hauptstadt der einstigen spanischen Kolonie El Aaiun und griff auf andere Städte über, wie das an der mauretanischen Grenze gelegenen Dajla. Die marokkanische Polizei, die Armee und Milizen der marokkanischen Einwanderer gehen mit brutaler Gewalt gegen die Sahrauis vor. In Dajla herrscht zurzeit Ausnahmezustand.

Amnesty international hatte Marokkos Regierung aufgefordert „sicherzustellen, dass alle Berichten über Folter und Misshandlung der im Zusammenhang mit den Ausschreitungen in der Westsahara Verhafteten vollständig und unabhängig untersucht werden und alle Angeklagten ein faires Verfahren bekommen“. REINER WANDLER