: Asiaten greifen häufiger zur Spritze
Vereinte Nationen stellen Welt-Drogenbericht für das Jahr 2005 vor. In Asien wächst die Zahl von Heroinkonsumenten. Afghanistan ist weiterhin weltweit größter Produzent von Schlafmohn. Alkohol bleibt die am weitesten verbreitete Droge
AUS WIEN RALF LEONHARD
Alkohol ist und bleibt die weitverbreitetste Droge. Jede/r zweite Erwachsene weltweit trinkt gelegentlich oder regelmäßig. Verglichen mit den Auswirkungen des Konsums dieses legalen Suchtmittels nehmen sich die mit illegalen Drogen verbundenen Gefahren harmlos aus.
Der World Drug Report 2005, der gestern in Stockholm vom UNO-Büro für Drogen und Kriminalität (Unodoc) vorgestellt wurde, konstatiert keinen dramatischen Anstieg des Drogenkonsums. 200 Millionen Menschen oder rund fünf Prozent der Weltbevölkerung zwischen 15 und 64 Jahren haben 2004 mindestens einmal zu verbotenen Suchtmitteln gegriffen. Dabei sind signifikante regionale Unterschiede zu beobachten. Während in Europa und Asien Opiate (62 Prozent), namentlich Heroin, an erster Stelle stehen, wird in Afrika (64 Prozent) vor allem Cannabis geraucht und in Lateinamerika Kokain (58 Prozent) geschnupft. In den USA halten sich Cannabis (45 Prozent) und Kokain (40 Prozent) fast die Waage.
2003 standen 62 Prozent der drogenbedingten medizinischen Behandlungen in Europa und Asien in Zusammenhang mit dem Missbrauch von Opiaten. Eine Zunahme des Konsums wird vor allem aus Asien gemeldet. Das hängt mit der Vervielfachung der Anbaufläche von Schlafmohn in Afghanistan zusammen. 87 Prozent der Opiumproduktion für den Schwarzmarkt kommt aus diesem Land, dessen Regierung den größten Teil des Territoriums den Warlords überlassen muss. Auf den Schmuggelrouten in den Westen bleibt immer mehr bei der lokalen Bevölkerung hängen. Zwar wird für dieses Jahr ein leichter Rückgang der afghanischen Opiumernte prognostiziert, doch lässt der zunehmende Reinheitsgrad des in Europa gehandelten Heroins darauf schließen, dass der Nachschub garantiert ist, so der Unodoc-Bericht.
Positives kann über die Verbreitung von Designerdrogen berichtet werden. So ist beim Verbrauch von Amphetaminen und der Modedroge Ecstasy ein deutlicher Rückgang zu beobachten. Während sich Ost- und Südosteuropa als neuer Markt für jede Art von Suchtmitteln etabliert, hat in Westeuropa der Missbrauch von Opiaten abgenommen. Der Konsum von Kokain ist bestenfalls stabil und nimmt in vielen europäischen Ländern zu, während aus den USA, dem Hauptabsatzmarkt, zuletzt Erfolgsmeldungen kamen.
Die Produktion ist ungebrochen. Während in Kolumbien durch brutale Entlaubungsaktionen 6.000 Hektar Anbaufläche vernichtet wurden, haben die traditionellen Produzentenländer Bolivien und Peru dank des guten Preises wieder mehr Coca auf den Markt geworfen.
Für Unodoc mit Sitz in Wien ist vor allem der Konsum von Cannabis Besorgnis erregend, werden Haschisch und Marihuana doch als Einstiegsdrogen betrachtet. Vier Fünftel der Drogenkonsumenten/innen rauchen gelegentlich oder gewohnheitsmäßig einen Joint. Antonio Maria Costa, Chef der Unodoc, sprach sich kürzlich in der taz gegen die Legalisierung von Cannabis aus. Es gebe keine leichten Drogen, da auch Haschisch bleibende Gehirnschäden verursachen könne. „Alle Indikatoren deuten darauf hin, dass der Markt global gesehen expandiert. Vorerst gibt es keinen Grund zu der Annahme, dass diese Expansion gebremst wird“, so der Bericht. Während die Hanfpflanze fast in allen Ländern der Welt gedeiht, wird das Cannabisharz (Haschisch) für den europäischen Markt zu 80 Prozent aus Marokko geliefert. Der Umsatz des illegalen Drogenhandels wird für 2003 auf 13 Milliarden US-Dollar auf Produzentenebene, auf 94 Mrd. auf Großhandelsebene und 322 Mrd. im Straßenhandel geschätzt. Das wären 0,9 Prozent des Weltsozialprodukts.