: „Radio Weser TV“ obdachlos
BÜRGERRUNDFUNK Weil die Landesmedienanstalt sparen muss, sind die Bremer Produktions- und Studioräume gekündigt. Offiziell informiert wurden die Nutzer bislang nicht
VON ANNA GRAS
Der Bremer Bürgerrundfunk steht vor grundlegenden Änderungen. Zum Jahresende sind die Produktions- und Studioräume von „Radio Weser TV“ in Findorff gekündigt. Neue Räume gibt es bislang noch nicht. Ob sich das bis zum Auszugstermin ändert, ist ungewiss.
Offen geredet wird darüber aber nicht. Die „Radio Weser TV“-MitarbeiterInnen sind zwar über die Kündigung informiert. Die NutzerInnen hingegen, die in den Studios das Fernseh- und Radioprogramm des offenen Kanals produzieren, wissen nur vereinzelt Bescheid. Eine offizielle Mitteilung gab es bislang nicht. Ahmad Tavakkoli etwa, Macher der Sendung „Bremer Buntes Fernsehen“, hat nur über Dritte von der Kündigung gehört. „Ich mache mir Sorgen um unsere Existenz“, sagt Tavakkoli, der seit 15 Jahren beim offenen Kanal aktiv ist. „Als Bürger sollten wir über den Stand der Dinge bei unserem Rundfunk informiert werden.“ Groß ist die Verunsicherung bei „Radio Weser TV“ angesichts der Unklarheit.
„Zutiefst bedauerlich“ findet das die neue Direktorin der Bremischen Landesmedienanstalt (Brema), Cornelia Holsten. Sie hat ihr Amt im Juli mit der Ankündigung angetreten, auf Transparenz zu setzen und mit offenen Karten zu spielen. Nun sind ihr aber „die Hände gebunden“, genaues sagen könne sie nicht. Die Räume habe bereits ihr Vorgänger Wolfgang Schneider gekündigt, so Holsten. Gründe? „Gute Frage“, sagt sie, „die hätte ich auch mal stellen sollen.“ Viel mehr will sie nicht preisgeben. Nur so viel: Nicht nur der Bürgerrundfunk, die gesamte Brema stehe vor Veränderungen. Aber: Der Landesrundfunkausschuss habe dazu noch keine Beschlüsse gefasst. Und bis dahin will sie nicht darüber reden. „Das ziemt sich nicht.“ Sie sei aber zuversichtlich, dass alle Studio-nutzerInnen auch in Zukunft bedient werden können. „Jeder ist herzlich eingeladen, sich mit Ideen für neue Produktionsstätten einzubringen“, sagt sie.
Als erste Amtshandlung stellt Holsten derzeit den Brema-Haushalt für 2010 auf, über den der Landesrundfunkausschuss im Oktober abstimmen wird. 1,87 Millionen umfasste der Etat 2008, knapp 1,2 Millionen gingen davon an den Bürgerrundfunk. Mit deutlich geringerem Budget muss Holsten wegen der sinkenden Einnahmen aus den Rundfunkgebühren kalkulieren. Und zugleich ein Sparkonzept entwerfen.
Berichtet wird von ersten Ideen, die sie dem Ausschuss bereits vorgestellt hat. Die sehen vor, dass die Bremer „Radio Weser TV“-MitarbeiterInnen in die Räume der Brema auf dem Richtweg umziehen, wo auch technische Einrichtungen wie Schnittplätze bereit gestellt werden könnten. Neue Fernsehstudios in Bremen würde es demnach im kommenden Jahr nicht geben. Gut 100 NutzerInnen sind für die in Bremen produzierten Sendungen verantwortlich. Einige befürchten nun, zukünftig für Aufzeichnungen nach Bremerhaven fahren zu müssen. Die Bremerhavener Studio- und Produktionsstätten wird es auch 2010 noch geben. Die Zahl ihrer NutzerInnen konnte die Brema bis zum Redaktionsschluss allerdings nicht mitteilen.
„Normale Strukturmaßnahmen“ sind Holstens Vorschläge für den Vorsitzenden des Landesrundfunkausschusses, Felix Holefleisch. Schließlich befinde sich die Brema in einer „absoluten Zwangslage“ und die 600 Quadratmeter großen Räume in Findorff seien „wahnsinnig teuer“. Die Idee, beim Teuersten zu sparen, liege nahe. Die frisch angetretene Direktorin habe keinesfalls das Ziel, einseitig beim Bürgerfunk zu sparen. So plane sie, die Stelle der Verwaltungsleitung nicht neu zu besetzen.
Zudem werde Holsten bei der Brema in Zukunft einen stärkeren Schwerpunkt auf die Förderung von Medienkompetenz legen. „Das zählt klar zu den gesetzlichen Aufgaben der Anstalt“, so Holefleisch. „Bisher gab es dafür aber nur eine Viertelstelle.“