Schnell ins Konzert!

Es stand einst in einem Punk-Fanzine zu lesen, Deutsch-Punk sei ein Phänomen, das es so recht eigentlich nur in Deutschland gegeben habe. Dem ist ohne größere Einschränkungen zuzustimmen. Frappierender allerdings, dass das Genre schon kurz nach seiner Geburt am Ende war: Stilistische wie lyrische Stagnation auf niedrigem Niveau und ein geradezu bornierter Konservatismus. Mehr gäbe es dazu nicht zu sagen, hätte es in den späten Achtzigern und frühen Neunzigern nicht eine Handvoll Bands gegeben, die Punk mit deutschen Texten mit viel Seele und poetischer Lyrik: die Boxhamsters, Oma Hans - bzw. deren Vorgänger Angeschissen, Blumen am Arsch der Hölle und Dackelblut -, wohl auch ...But Alive, auf jeden Fall aber, wenngleich mit etwas Verzögerung, Muff Potter, die allesamt auf ihre Weise den Boden dafür bereiteten, was Bands wie Tomte und Kettcar ernteten. Von Muff Potter müssen wir uns nun verabschieden. Auf ihrer Abschiedstournee gastieren sie am heutigen Samstag im Tower, Beginn 21 Uhr.

Ein echtes Schmankerl ist der Auftritt von Eugene Chadbourne und Peasant am Freitag in der Spedition. Peasant eröffnen den Abend mit Songwriter-Kunst aus dem ländlichen Nordamerika, eher Folk als Country, gewürzt mit ein wenig Westcoast-Feeling. Eugene Chadbourne ist fraglos einer der großen Individualisten der populären Musik – wobei Popularität natürlich relativ ist, denn Chadbournes Musik speist sich nicht zuletzt aus der Avantgarde nicht nur der Rockmusik. So selbstverständlich wie der Autodidakt auf dem Banjo amerikanische Hillbilly- Songs zupft, bricht er im nächsten Moment in virtuose Free-Jazz-Improvisationen aus. Ebenso vielfältig ist die Palette seiner Kollaborateure. Chadbourne musizierte in der Vergangenheit mit Avantgarde-Größen wie John Zorn und Fred Frith, mit Punk-Ikone Jello Biafra und der Alternative-Rock- Band Camper van Beethoven. So sind auch seine Solo-Auftritte erfreulich unberechenbar und kurzweilig, bei denen Chadbourne wie der Inbegriff des Mad Professors wirkt. Andreas Schnell