: „Der mächtigste Mann Hamburgs“
RÜCKZUG Der langjährige Ver.di-Landeschef Wolfgang Rose hat sein Amt aus Altersgründen niedergelegt. Damit geht die Ära eines geachteten Gewerkschafters und Kämpfers an vielen Fronten zu Ende
Eine Epoche geht zu Ende. Der Hamburger Landeschef der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, Wolfgang Rose, tritt ab. Der 64-Jährige hat zum 31. Mai offiziell sein Amt als Gewerkschaftsvorsitzender aus Altersgründen niedergelegt. Am Freitag wurde auf einer Landesbezirkskonferenz Wolfgang Abel als sein Nachfolger bestimmt. Mit Roses Ausscheiden verlässt ein Gewerkschafter die Ver.di-Kommandobrücke, der die Ruder seit Gründung im Jahre 2001 fest im Griff hatte und der maßgeblich den Kurs bestimmte.
Rose ist gelernter Bankkaufmann, 1982 wurde er Sekretär für Kirchen und soziale Bereiche bei der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV). In der ÖTV gehörte Rose zu den progressiven Kräften, die eine Opposition zur traditionellen Politik der alten Garde von rechtssozialdemokratischen ÖTV-Bossen bildeten. 1987 konnte sich die Erneuererfraktion in der ÖTV durchsetzen, Rose wurde hinter Rolf Frisch stellvertretender ÖTV-Bezirksleiter. 1999, nach dem Weggang von Fritsch zur Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), nahm Rose als Chef das Zepter der ÖTV gänzlich in die Hand.
Rose gehörte auch zu den dominanten Kräften, die in Hamburg die Fusion der fünf Gewerkschaften – ÖTV, Deutsche Postgewerkschaft, Handel, Banken und Versicherungen, IG Medien und Deutsche Angestelltengewerkschaft – zur Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di vorantrieben. So war es nicht überraschend dass er 2001 zum ersten Ver.di-Landeschef gewählt wurde. Seither bemühte er sich, aus Ver.di eine moderne, kampfkräftige Gewerkschaft zu machen und trotz knapper Ressourcen die Autonomie der neuen Fachbereiche zu gewährleisten.
Zu Roses erster Initiative als Landeschef gehörte der Versuch, die Privatisierung des Landesbetriebs Krankenhäuser durch den damaligen Schwarz-Schill-Senat zu verhindern, indem die Initiative „Gesundheit ist keine Ware“ ins Leben gerufen wurde. Diese konnte den Volksentscheid im Jahr 2004 mit 76,8 Prozent für sich entscheiden.
In Politik und Medien ist Rose oft als der „mächtigste Mann Hamburgs“ bezeichnet worden, da er sich mühelos auf vielen Politikfeldern bewegte. Rose ist nicht nur seit 2008 SPD-Bürgerschaftsabgeordneter, er sitzt auch in den Aufsichtsräten der Asklepios-Klinken und der HHLA. Auch engagiert er sich bei der Arbeiterwohlfahrt, in der evangelischen Kirche oder bei sozialen Projekten wie dem Cafée mit Herz.
Ein Steckenpferd Roses ist die Einführung der „Reichensteuer“ im Kampf gegen Sparmaßnahmen, Personal- und Sozialabbau. In der „Stadt der Millionäre“ sei genug Geld und Vermögen vorhanden, es sei nur ungerecht verteilt, findet er. Aber auch bei anderen gesellschaftspolitischen Themen hat Rose nie ein Blatt vor den Mund genommen, zum Beispiel wenn es um den Atomausstieg ging oder wenn es notwendig war, den Nazis die Stirn zu bieten. Zur Ruhe setzen wird sich Rose aber nicht: Gerüchten zufolge strebt er ein SPD-Bundestagsmandat an. KAI VON APPEN