Wie es euch gefällt

„Wir werden den Tag der Niedersachsen in seinem Wesen nicht verändern“, sagt Programmdirektor Voker Herres – und erklärt, wieso das NDR-Fernsehen am Sonntag nicht nur Christian Wulff beglückt

Fragen: Benno Schirrmeister

Hat die Drohung doch gewirkt? Mehr Niedersachsen oder Staatsvertragskündigung – mit diesem Ultimatum versuchte Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) kürzlich das Fernseh-Programm des Norddeutschen Rundfunks (NDR) zu beeinflussen. Der Sender betonte seine Unabhängigkeit. Hat er sie auch gewahrt? Am Wochenende gibt’s zumindest eine geballte Ladung Niedersachsen-TV. Ganz normal, weil heute in Wolfsburg das Landesfest beginnt? Fragen an Programmdirektor Volker Herres.

taz: Anlässlich des Landesfests stellt der NDR sein Fernsehprogramm am 3. Juli ganz ins Zeichen Niedersachsens. Wollen Sie den Ministerpräsidenten glücklich machen?

Volker Herres: Nicht nur den, mich auch! Ich bin glücklich, wenn die Zuschauer das Programm goutieren. Das haben unsere Zuschauer in den vergangenen Jahren mit der Berichterstattung über den Schützenumzug in Hannover und den Trachtenumzug beim Tag der Niedersachsen offenbar getan.

Welche Relevanz hat denn der „Tag der Niedersachsen“?

Es ist ja nicht nur der Tag der Niedersachsen, den wir zeigen. Dass an diesem Wochenende nun gerade die Deutschen Meisterschaften im Springreiten in Verden stattfinden, ist Zufall, hat aber für den Pferdesport-Sender NDR Relevanz. Sonst sind Schützenausmärsche und Trachtenumzüge ja eher Unterhaltungsprogramme. Da kommen Sie mit journalistischen Relevanz-Kriterien nicht allzu weit. Aber natürlich können wir ein Event mit 200.000 Besuchern nicht einfach übersehen.

Also eine rein quantitative Bedeutung, Motto: Es kommen so und so viele, also wird so und so lange berichtet?

Natürlich kommt es darauf an, was wir unseren Zuschauern in der Sendezeit auch zeigen können. Unabhängig davon haben wir festgestellt, dass es unseren Zuschauern gefällt, wenn wir zu ihnen kommen.

Vom Mecklenburg-Vorpommern-Tag haben Sie mit einer Woche Verzögerung und, wie’s scheint, weniger berichtet, vom „Tag der Niedersachsen“ übertragen Sie live. Warum?

Vom „Tag der Niedersachsen“ selbst berichten wir genauso lang, wie aus Mecklenburg-Vorpommern: Die zentrale Veranstaltung aus Wolfsburg, bei der es am meisten zu sehen gibt, ist nun mal der Trachtenumzug.

Im Spagat zwischen politischem Fernsehen und Heimatsender – wieviel „Tag der Niedersachsen“ verkraftet der NDR?

Sie wollen doch nicht im Ernst behaupten, die Sendungen zum „Tag der Niedersachsen“ an einem Sonntag schränkten unser journalistisches Profil ein! Natürlich hat unser Programm mehr zu bieten. Wir verkraften dieses Programmbouquet sehr gut – und unsere Zuschauer offenbar auch.

Auffällig ist: Die Formate der „Tag der Niedersachsen“-Berichterstattung sind nicht sehr abwechslungsreich. Warum nicht mal eine Sonderausgabe Extra3 live vom Landesfest?

In der Phantasie eines Redakteurs in einem Großstadtbüro mag das ja funktionieren – in der Realität sicher nicht. Wir fahren nicht dorthin, um uns über die Menschen lustig zu machen.

Stattdessen erfüllen Sie Erwartungen: Da gibt’s was in Hallo Niedersachsen und am Sonntag kommt – Achtung, Höhepunkt! – „das NDR Fernsehen überträgt den Umzug live vom Rathausplatz“. Warum so wenig innovativ?

Ob es Ihnen gefällt oder nicht: Wir werden den Tag der Niedersachsen in seinem Wesen nicht verändern können. Und entweder wir übertragen ihn so wie er ist, oder wir können es lassen. Die Menschen vor Ort halten die Veranstaltung für unterhaltsam, weil sie sich damit identifizieren. Und Hochmut gegenüber den Zuschauern liegt mir fern.