: Die Mini-Playback-Show
US-RAPPER Wie Internet-Star A$AP Rocky auf der Bühne zum Normalmann schrumpfte
AUS BERLIN FATMA AYDEMIR
Es ist ausverkauft, schon lange. Das einzige Deutschland-Konzert eines 23-jährigen Rappers aus Harlem, New York, der noch nicht einmal sein Album veröffentlicht hat – A$AP Rocky, gefeiert von der internationalen Musikwelt und Modemagazinen. In selbstproduzierten YouTube-Videos offenbart Rocky neben krassem Graskonsum vor allem einen Designfetisch.
Die jungen durchgestylten Menschen im Festsaal Kreuzberg bilden eine sehr homogene Masse, die unbeschwerte Lebenslust aussendet. Vergeblich sucht man ein Kamerateam, das hier heimlich einen modischen Colabier-Werbespot drehen könnte. Ein kolossaler Beat begleitet A$AP Rocky auf die Bühne. Beide hüpfen wie Gummibälle, die Menge flippt aus. Doch dann hängt die Musik zweimal, der Rapper blickt verunsichert zum DJ. Er befiehlt: „Hold on, hold on, stop that shit!“
Mit dem Mixtape „LiveLoveA$AP“, das Ende 2011 als Free-Download erschien, weckte A$AP Rocky das Interesse der großen Plattenfirmen und heimste schnell einen dicken Deal mit Sony ein. Der selbsternannte „pretty Motherfucker“ und Ex-Drogendealer ist kein begnadeter Lyriker, seine Themen die üblichen: Frauen, Drogen, Geld. Doch hat A$AP durch seine an Gleichgültigkeit grenzende Gelassenheit einen neuen Stil in den US-Rap gebracht. Das Tempo ist langsam, der Sound trüb. Auch technisch sitzt alles. Benebelnde Gesangseinlagen und reduzierte Klänge pinseln einen idealen Soundtrack zum Kiffen. A$AP Rocky weiß, wie man Stimmung erzeugt, zumindest im Studio. Live macht er recht schnell schlapp.
Zweiter Versuch: Der Song wird wiederholt, wieder hängt der Beat. Damit weiß der Künstler nicht umzugehen, bricht wieder ab, entschuldigt sich. Die Show geht weiter und in guten Momenten reicht A$APs Puste, um die ersten drei Worte eines Verses ins Mikrofon zu rappen. Der Rest kommt playback. Der Menge ist das egal, sie tanzt und kennt die Texte sowieso auswendig. Der Rapper kämpft, bis die Lunge nicht mehr kann, und das geht schnell. Von Coolness ist nicht mehr viel zu vernehmen.
Nachwuchsmusiker haben es heute einfacher, sich Gehör zu verschaffen. Man produziert Kunst am heimischen Computer und schickt in die Welt. Trifft man den richtigen Nerv, wird man über Nacht zum Star. Deshalb darf A$AP Rocky ein halbes Jahr nach seinem ersten Demo um die Welt touren. Doch wer vorher nie auf einer Bühne geschwitzt hat, sieht schnell ziemlich klein aus. Die Internetgeneration stört das an diesem Donnerstag überhaupt nicht. Die zweite Hälfte der Show tanzt A$AP mit glücklichen Fans auf der Bühne. Seine Stimme läuft nur noch von Platte.