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Archiv-Artikel

Düsseldorf sucht neue Mehrheiten

Die Koalition aus CDU und FDP im Düsseldorfer Stadtrat findet bei wichtigen Abstimmungen keine Mehrheiten mehr. Beide Partner drohen offen mit Bruch

DÜSSELDORF taz ■ Düsseldorfs Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU) muss in Zukunft wohl ohne Mehrheit regieren. Am Donnerstagabend verweigerte der bisherige Koalitionspartner FDP der CDU im Stadtrat gleich bei zwei Großprojekten die Zustimmung. „Der Graben ist durch die Ratssitzung vertieft worden“, sagte FDP-Fraktionschef Frank Zeitz zur taz. „Wir betrachten die Koalition als weiterhin ausgesetzt, da die CDU mehrmals gegen den Koalitionsvertrag verstoßen hat.“ Allerdings zeigte sich Zeitz bereit, mit der CDU zu reden. „Für eine Zusammenarbeit gibt nun es keine Grundlage mehr“, sagte dagegen der CDU-Kreisvorsitzende Olaf Lehne.

Die Liberalen votierten in der Ratssitzung gegen den Bebauungsplan der Bilker Arcaden. Dort sollte auf 48.000 Quadratmetern ein Einkaufszentrum entstehen. Der Bebauungsplan muss nun neu erstellt werden. „Wir wollten nicht, dass das Projekt ausartet, wir gehen aber davon aus, dass der Investor mit der Entscheidung leben kann“, so Zeitz. Alle Fraktionen, mit Ausnahme der CDU, stimmten dem neuen Plan zu. Mit den Stimmen von FDP, SPD, Grüne und PDS wurde außerdem die Übernahme der Besitzanteile an der defizitären LTU-Arena durch die Stadt Düsseldorf abgelehnt.

Mit welchen Mehrheiten Erwin in Zukunft regieren will, ist unklar. „Dass der Bruch mit der FDP endgültig ist, würde ich bezweifeln“, sagte Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Karin Trepke. „Die FDP hat bei etlichen Änderungsanträgen mit Erwin und der CDU gestimmt“. Bei der Ratssitzung war es aber auch zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Koalitionspartnern gekommen. „Die Christdemokraten bewegten sich teilweise unter parlamentarischem Niveau“, sagte Zeitz.

Auslöser des Koalitionsstreits war ein Alleingang der CDU. Im Hauptausschuss hatten die Christdemokraten Anfang vergangener Woche mit einer Stimme Mehrheit beschlossen, die städtischen Anteile an der defizitären LTU-Arena von 60 auf 100 Prozent aufzustocken (taz berichtete). Die entscheidende Stimme kam von Oberbürgermeister Erwin selbst. Die FDP stimmte damals mit den Vertretern der SPD und der Grünen dagegen. „Die FDP sucht seit Wochen die Flucht aus der Verantwortung“, sagte Erwin.

Die CDU ging davon aus, dass der Beschluss aus dem Hauptausschuss keiner Zustimmung des Stadtrates bedurfte. Erwin berief sich auf die Dringlichkeit der Entscheidung. Die Bezirksregierung Düsseldorf wird sich nun mit der Sache befassen. „Wir haben die Unterlagen angefordert“, sagte Sprecher Bernhard Hamacher, „vorher werden wir uns zur Sache nicht äußern“. Der Streit wird nach der Prüfung durch die Bezirksregierung wahrscheinlich vor dem Landgericht Düsseldorf fortgesetzt.

„Der OB verhält sich sehr merkwürdig“, sagt Karin Trepke. Erwin hatte die Arcaden kurzfristig von der Tagesordnung genommen, um eine weitere Niederlage zu vermeiden. Erst auf einen Dringlichkeits-Antrag der Grünen-Fraktion wurde der Punkt wieder aufgenommen. Die SPD warf Erwin „Taschenspielertricks mit der Tagesordnung“ vor und nannte ihn einen „abgewirtschafteten Oberbürgermeister“. Erwin hatte das Arcaden-Thema als „nicht dringlich“ kritisiert. Von daher wolle er die Entscheidung des Rates nicht akzeptieren. „Mit eben jener Dringlichkeit hatte er allerdings den Alleingang der CDU in Sachen Arena rechtfertigt“, sagt Trepke. Sie könne sich nicht vorstellen, dass überhaupt noch jemand Lust hat, mit Erwin zusammen zu arbeiten. HOLGER PAULER