Monet-Ausstellung am Molkenmarkt: Spazieren an Monets Seerosenteich

Eine Ausstellung in der Alten Münze präsentiert Claude Monets Bilder digital. So kommt man den Bildern des Impressionisten ganz nah.

In der Ausstellung Monets Garten nimmt eine Kamera Bewegungen der Besucher auf und setzt sie digital in einem Bild Monets um - das wirkt dann wie ein Fischschwarm

In „Monets Garten“ nimmt eine Kamera Bewegungen der Be­su­che­r:in­nen auf und setzt sie digital um Foto: Monets Garten

Typisch Berlin. Da wird ein ästhetisch hochwertiges Erlebnis versprochen, und dann das: Die Alte Münze, ein Veranstaltungsort, liegt am Molkenmarkt, dem derzeit wohl unwirtlichsten Ort der Stadt. Der älteste Markt Berlins liegt aufgebuddelt da. Eine Straße soll verlegt werden; ein Bohlenweg aus dem Mittelalter wurde dabei gefunden.

Womöglich hätte der Mann, der in die, nun ja: digitale Postmoderne gebeamt wird, seinen Gefallen an der Szenerie draußen vor der Tür gefunden. Hatte Claude Monet doch auch ein Faible für technische Dinge. Eine Zeitlang malte er mit Inbrunst Lokomotiven.

Lokomotiven? Tja, wieder was gelernt. Dazu ist das „immersive Ausstellungserlebnis“ namens „Monets Garten“ (bis 20. März) auch da. Die Veranstalter haben drei Räume mit raffinierten digitalen Mitteln gestaltet, man kann, im übertragenen, doch fast wörtlichen Sinne, in Monets Bilder eintauchen. Eintauchen?

Ein Kollege rümpft die Nase. „Monet ohne Leinwand! Das ist doch keine Kunst! Das ist für Touristen gemacht!“ Na und? Einfach mal hingehen und die Sache unvoreingenommen wirken lassen.

Farbpigmente führen ein Eigenleben

Man kommt den Werken des Impressio­nisten ganz nahe. Eine Lupe fährt über seine Gemälde und vergrößert die Strukturen. Drei weitere Bilder beginnen plötzlich zu pulsieren und bewegen sich fließend, man könnte meinen, dass die Farbpigmente, in Pixel zerlegt, ein Eigenleben führen wie im Wasser treibende Seeanemonen-Tentakel. Monets orgiastischer Umgang mit Farbe und Pinsel wird hier zum Leben erweckt. Wie kraftvoll das wirkt. Wie verletzlich.

Dazu gibt es klassische Musik. Und ja, das hier hat Eventcharakter. Jetzt ein DJ und gut gekühlte Getränke, fertig wäre ein perfektes Clubambiente. Geht aber nicht. Auch wenn das ganz im Sinne von Nepomuk Schessl wäre, dem Produzenten der Ausstellung. „Wenn die Situation nicht so schwierig gewesen wäre, hätten wir mehr möglich gemacht“, sagt er der taz. „Kammermusikkonzerte in Monets Bildern zum Beispiel.“

Eine verwunschen (oder kitschig, das ist Ansichtssache) wirkende Raumatmosphäre ist Monets Garten in Giverny bei Paris nachempfunden: Im Gartenhaus befindet sich eine Cafeteria, die japanische Brücke über den animierten Seerosenteich soll der Hotspot bei den jüngeren Leuten sein. Die Brücke mit Kunstblumen in Buntlicht getaucht macht sich für Selfies für Social-Media-Kanäle verdammt gut.

Als ob sie selbst malen würden

Und das Gemälde rechts an der Wand führt augenscheinlich ein Eigenleben … Ah, so geht das: Dank Kamera nimmt eine Software alle Bewegungen der vorm Bild stehenden Be­su­che­r:in­nen auf, die Farbpigmente folgen dem vorgegebenen Input (siehe Foto oben). Kinder vollführen artistische Kunststücke; Ältere gehen eher bedächtig vor und schwenken Arme, als ob sie selbst malen würden.

Am Ende führt ein Film von 44 Minuten durch Leben und Wirken Monets. Da sind dann die Lokomotiven, aber auch alle anderen Bilder zu sehen, die Familie beim Picknick, Blumenwiesen und all die Seerosen. Alles bewegt sich, tönt, leuchtet, strahlt von rechts und links, unten und oben. Und mensch ist mittendrin.

Und wer Monet partout auf Leinwand sehen will, bitteschön: Das Museum Barberini in Potsdam zeigt dauerhaft die umfangreiche Sammlung impressionistischer Gemälde des Museumsgründers Hasso Plattner. Darunter 34 Gemälde von Claude Monet – außerhalb von Paris sind nirgends in Europa mehr Werke dieses Künstlers an einem Ort zu sehen.

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In der DDR geboren, in Westmecklenburg aufgewachsen, Stahlschiffbauer (weil Familientradition) gelernt, 1992 nach Berlin gezogen, dort und in London Kulturwissenschaften studiert, 1995 erster Text für die taz, seit 2014 im Lokalteil Berlin als Chef vom Dienst und Redakteur für Kulturpolitik & Queeres.

Dieser Artikel stammt aus dem stadtland-Teil der taz am Wochenende, der maßgeblich von den Lokalredaktionen der taz in Berlin, Hamburg und Bremen verantwortet wird.

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