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Archiv-Artikel

Presse: Britische Gelder für Folter im Irak

Einem Zeitungsbericht zufolge fließen Hilfszahlungen für die Polizei im Zweistromland in den Aufbau von Internierungszentren und die Ausrüstung von Todesschwadronen. Fotos belegen Misshandlungen. Die Regierung nimmt die Vorwürfe „sehr ernst“

VON RALF SOTSCHECK

Britische und US-amerikanische Gelder, die für den Aufbau der Polizei im Irak bestimmt waren, sind für den Aufbau von Folterzentren und die Ausrüstung irakischer Todesschwadronen verwendet worden. Das berichtete gestern die britische Sonntagszeitung Observer.

Dem Blatt liegen fotografische Beweise von Obduktionen und Krankenhausberichten vor. Demnach wurden Gefangene an den Armen aufgehängt, sie wurden geschlagen, sexuell missbraucht, mit Elektroschocks behandelt und ihnen wurden Brandwunden zugefügt. In einem Fall wurde einem Gefangenen mit einer elektrischen Bohrmaschine die Kniescheibe zerstört.

Die britische Regierung hatte sich zu den Menschenrechtsverletzungen bisher bedeckt gehalten, da die Berichte ihre Politik ad absurdum führen: Offiziell werden keine Hilfsgelder an Regierungen ausgezahlt, die die Misshandlung von Gefangenen tolerieren.

Das Verteidigungsministerium in London hat bestätigt, dass man der irakischen Polizei 27 Millionen Pfund für Waffen, Munition, kugelsichere Westen und gepanzerte Jeeps zur Verfügung gestellt habe. Weitere 20 Millionen Pfund kamen aus dem Topf für Konfliktvermeidung, der von verschiedenen Ministerien verwaltet wird. Gestern sagte ein Sprecher des Außenministeriums, dass man die Foltervorwürfe „sehr ernst“ nehme. „Wir kennen die Behauptungen“, sagte er, „und wir haben das Thema bei der irakischen Regierung angesprochen.“ Jede Misshandlung von Gefangenen sei unakzeptabel, fügte er hinzu.

Überraschend kann der Observer-Bericht für die Regierung allerdings nicht gekommen sein. Die Sonntagszeitung schreibt, dass es im Irak ein „Netzwerk geheimer Internierungslager“ gebe. Das hat die US-Anwaltsorganisation für Menschenrechte, Human Rights First, bereits vor mehr als einem Jahr bekannt gegeben. Demnach existieren neben den Folterzentren in Afghanistan mindestens 22 solcher Lager im Irak, eins in den USA, zwei in Pakistan, eins in der britischen Kolonie Diego Garcia sowie ein von der CIA betriebenes Lager in Jordanien.

Grund dafür sind die zunehmenden Prozesse vor US-Gerichten gegen das Lager Guantánamo Bay. Für das geheime Netzwerk von Internierungslagern können die Regierungen in Washington und London nicht vor Gericht belangt werden. Deshalb hat das Pentagon vor kurzem angekündigt, die Hälfte der 540 Gefangenen von Guantánamo Bay nach Afghanistan zu verlegen. Sir Nigel Rodley, der frühere UN-Beauftragte zum Thema Folter, sagte: „Je versteckter diese Internierungspraktiken sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass alle legalen und moralischen Schranken bei der Behandlung von Gefangenen fallen.“

Die Todesschwadronen gehören ebenfalls zur US-Geheimpolitik. Der frühere UN-Waffeninspektor Scott Ritter sagte Anfang des Jahres: „Das Pentagon erwägt die Ausbildung und Ausrüstung von so genannten Todesschwadronen: Gruppen irakischer Attentäter, die den irakischen Widerstands infiltrieren und ihre Führer eliminieren sollen.“