brief des tages
:

Staatlicher Bodenbesitz?

„Wir brauchen einen Kulturwandel“,

taz vom 9. 12. 21

Zur These der Frau Brahm, dass staatlicher Bodenbesitz zu einer sozial verträglicheren Stadtentwicklung beitragen kann: Leider ist das keineswegs garantiert. Ich habe 10 Jahre als Stadtplaner in China gearbeitet, wo es nur drei Bodeneigentümer gibt: den Nationalstaat, die Städte und die Landkommunen, sofern diese als „sozialistische Kooperativen“ noch nach altem Recht existieren. Grundstücke werden den Investoren mit unterschiedlichen Pachtzeiten entsprechend der geplanten Landnutzung für 33, 66 oder 99 Jahre zur Verfügung gestellt. Die Pachtverträge werden in einem harten Wettbewerbsverfahren ausgelobt, was zu einem unglaublichen Preisanstieg geführt hat, einer neuen Art von Bodenspekulation. Da haben soziale Projekte und behutsame Stadterneuerung fast keine Chance mehr. Staatlicher Bodenbesitz kann nur dann zu sozialerer Stadtentwicklung führen, wenn die Politik dies wirklich beabsichtigt, nicht von großen Unternehmen erpresst werden kann oder mit solch verstecktem Bodenhandel die Staatskasse auffüllen will. Ich wurde in China leider von meiner Idee der „sozialistischen Bodenwirtschaft“ geheilt. Bernd Seegers, Berlin