: Zypern in Not, Spanien wankt
KRISE Die Regierung in Nikosia beantragt bald als fünftes Land Milliardenhilfen der Eurozone, Madrid zahlt für Anleihen Zinsen in Rekordhöhe
EIN EU-DIPLOMAT
VON KLAUS HILLENBRAND UND KAI SCHÖNEBERG
BERLIN taz | Die Eurozone muss Spanien und Zypern mit neuen Milliardenhilfen vor dem Kollaps bewahren. In wenigen Tagen wird die Regierung in Nikosia Hilfen bei der Eurozone beantragen. Dies bestätigte am Donnerstag ein EU-Diplomat der taz. Der Inselstaat wird damit nach Irland, Portugal, Griechenland und Spanien das fünfte Land, das Unterstützung durch die EU erhält. Zypern plane zudem, einen Großkredit mit Russland abschließen, um Lücken im Etat zu schließen. Das Land übernimmt am 1. Juli erstmals die EU-Präsidentschaft. Der Hilfskredit soll, um das Datum nicht zu belasten, einige Tage zuvor beantragt werden.
Zudem drohen der Währungszone neue Belastungen aus Spanien. Am Donnerstagabend wollte die Regierung in Madrid den Finanzbedarf für die Rettung der spanischen Banken präzisieren. Grundlage dafür ist eine Studie der Beratungsunternehmen Roland Berger und Oliver Wyman. Sie haben die von der Immobilienkrise geplagten Geldinstitute des Landes untersucht. Viele sitzen auf faulen Krediten, über drei Millionen Wohnungen stehen in Spanien derzeit leer. Die Troika aus Internationalem Währungsfonds, EZB und EU-Kommission rechnet mit einem Bedarf von rund 40 Milliarden Euro, Pessimisten fürchten, es könnten Notkredite in Höhe von 100 Milliarden Euro nötig werden. Auch der spanische Haushalt geriet am Donnerstag durch Renditen in Rekordhöhe für Staatsanleihen weiter unter Druck. Bei einer Anleihenauktion für zweijährige Anleihen stieg die Rendite von rund 2 auf gut 4,7 Prozent, bei den fünfjährigen Anleihen von 5 auf mehr als 6 Prozent – das war der höchste Stand seit 15 Jahren. Die extrem hohen Renditen, die Madrid für seine Staatsanleihen bieten muss, führen nach Ansicht der spanischen Banken auf Dauer zum Bankrott. „Wenn die Märkte das Land weiter attackieren“, werde „es für Spanien auf Dauer unmöglich sein, standzuhalten“, sagte der Generalsekretär des Spanischen Bankenverbands, Pedro Pablo Villasante.
Die Hilfen für Zypern mit seinen 1,1 Millionen Einwohnern dürften leichter zu verkraften sein als die Unterstützung für Spanien, die viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone: Dem Vernehmen nach geht es um eine Gesamtsumme von unter 10 Milliarden Euro. „Allein für das Jahr 2013 benötigt Zypern 3 Milliarden Euro Staatshilfen“, sagte der EU-Diplomat, der ungenannt bleiben wollte.
Schon 2011 konnte sich Zypern aufgrund der hohen Zinsen kein Geld mehr auf dem freien Kapitalmarkt besorgen. Stattdessen borgte man sich 2,5 Milliarden Euro von Russland. Die Beziehungen zu Moskau gelten als eng. Zyperns linker Präsident Demetris Christofias hat dort studiert, etwa 15.000 Russen haben auf der Insel einen festen Wohnsitz. Bilaterale Steuerabkommen sorgen dafür, dass sich viele russische Firmen auf Zypern angesiedelt haben.
Besonders der Bankensektor des Inselstaates gilt als angeschlagen. Hier schlummern allein Schulden aus Griechenland in Höhe von etwa 23 Milliarden Euro. Es ist zu befürchten, dass ein Teil dieser Kredite niemals zurückgezahlt wird. Zum Vergleich: Das gesamte Bruttoinlandsprodukt Zyperns beträgt nur rund 18 Milliarden Euro.