Die Wahrheit: Whiskey und Marzipankartoffeln

Weihnachten ist eine Zeit voller Mythen und Geschichten. Dabei halten diese Märchen einer wissenschaftlichen Prüfung selten stand.

Zu Weihnachten bringen sich Iren nicht um – im Gegenteil: Die Sui­zid­ra­te sinkt in dieser Jahreszeit. Das hat eine Langzeitstudie ergeben. Es wird allerdings in der Weihnachtszeit mehr über Selbsttötungen geschrieben, weil es sonst wenig Berichtenswertes gibt. Für Japan gilt das allerdings nicht, die Zahl der Selbsttötungen steigt nach Weihnachten dramatisch, während in Irland lediglich die Zahl der Scheidungen in die Höhe schnellt.

Eine Gruppe von Wissenschaftlern hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Mythen rund um Weihnachten zu entlarven. So ist die Poinsettie, der Weihnachtsstern, der neben dem Tannenbaum in jeden Haushalt gehört, gar nicht giftig. Seit jeher haben Eltern von kleinen Kindern die Pflanze vorsichtshalber außer Reichweite auf den Kleiderschrank gestellt. Von 20.000 Kindern, die an den Blättern genagt hatten, ist aber kein einziges gestorben, 96 Prozent mussten nicht mal ärztlich behandelt werden. Die Pflanze kann nicht mal Ratten etwas anhaben, selbst wenn sie 500 Blätter fressen würden.

Kinder können neben der Poinsettie auch so viel Zucker essen, wie sie wollen. Das führt keineswegs zu Hyperaktivität. Und bei Erwachsenen führt Alkohol zu Weihnachten nicht zur Trunkenheit. Selbst nach Unmengen Weihnachtswhiskey bleibt man nüchtern. Das liegt an den Marzipankartoffeln, die eine neutralisierende Wirkung haben. Okay, das habe ich mir ausgedacht. Wahr ist leider, dass es für den Kater kein Heilmittel gibt.

Die Wissenschaftler räumen zwar mit vielen Mythen rund um Weihnachten auf, aber es gelang ihnen bisher nicht, zu widerlegen, dass der Weihnachtsmann existiert – zumindest für die Kinder reicher Eltern. Bei Harrods wurden nur Kinder in die Grotte zum Weihnachtsmann vorgelassen, wenn die Eltern mindestens 2.000 Pfund in dem berühmten Londoner Kaufhaus ausgegeben hatten.

Naziansichten

Das war vor zwei Jahren. Nach wütenden Protesten der Kundschaft verkündete Harrods, dass im folgenden Jahr 160 Weihnachtsmannbesuchstickets unter ärmeren Familien verlost würden – also 3,6 Prozent aller Tickets. Harrods gehört der Königsfamilie von Katar, aber Hoflieferant für die britischen Ko-Monarchisten ist der Laden schon seit 2001 nicht mehr.

Der damalige Eigentümer Mohamed Al-Fayed hatte nämlich behauptet, dass Prinz Philip „mit seiner deutschen Abstammung und mit seinen Naziansichten“ hinter dem tödlichen Autounfall in einem Pariser Tunnel steckte, bei dem sein Sohn Dodi und dessen Freundin Lady Di gestorben waren. Das nahm Philip übel und kündigte den Vertrag mit Harrods.

Der Vertrag zwischen Harrods und dem Weihnachtsmann ist hingegen nur auf Eis gelegt. Wegen der Pandemie blieb die Grotte voriges und dieses Jahr geschlossen. Die glücklichen Losgewinner aus den ärmeren Familien müssen sich also noch gedulden. Wenn es so weit ist, glauben sie wahrscheinlich nicht mehr an den Weihnachtsmann.

Trotz alledem: Fröhliche Weihnachtszeit!

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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kari

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