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Jetzt mal ehrlich, 2021

Gemessen am Produktversprechen war das Jahr ein Flop. Aber es hatte auch Lichtblicke. Unsere Highs und Lows 2021 in Gesellschaft und Unterhaltung

Volkan Ağar

taz-zwei-Redakteur und Kolumnist

Fatma Aydemir

taz-zwei-Redakteurin und Kolum­nistin

Nicole Opitz

taz-zwei-Redakteurin und Teil des Social-Media-Teams

Malaika

Rivuzumwami

taz-zwei-Redakteurin für Digitales – irgendwas zwischen Fax und 5G

Carolina Schwarz

taz-zwei-Redakteurin für Feminismus und Pop

Ambros Waibel

leitet das Ressort taz zwei

PeterWeissen­burger taz-zwei-Redakteur für Medien, Sex und Gender

Hengameh Yaghoo­bifarah taz-Kolumnist_in und „Missy“-­Redakteur_in

Erica Zingher

taz-zwei-Redakteurin für Medien und Grautöne

Lebenslauf von Annalena Baerbock. Die Debatte zeigte die Schizophrenie einer Gesellschaft, deren Konkurrenzfetisch einerseits zum Aufpimpen von Lebensläufen drängt, was sie andererseits moralisch problematisch findet.

Lahmacun. Die besten der Stadt gibt es in der Prinzenallee bei Örnek: 1 Stück 1 Euro. Schmeckt toll wie bei Mama, aber man darf es mit den Peperoni nicht übertrieben, sonst kommt man am nächsten Morgen nicht los.

„Die Ibiza-Affäre“. Kann eine Serie die absurde Realität toppen? Sie kann mithalten. Das liegt auch an Nicholas Ofczarek in der Rolle des Detektivs Julian Hessenthaler, der den besten Wiener Dialekt von ganz Wien hat.

„Danke, gut. Der Podcast über Pop und Psyche“. Weil Stars auch nur Menschen sind, und ich manchen von ihnen jenseits der Inszenierung gerne zuhöre.

Milliardäre, die ins All fliegen. Medial vielleicht deshalb gehypt, weil die geldverbrennerischen Reisen von Jeff Bezos et al. Sehnsüchte vieler Menschen ansprechen: Weg von diesem hässlichen, kaputten Ort Erde.

Rechter Verlag auf der Buchmesse. Ich fand Jasmina Kuhnkes Boykott mutig und konsequent. Man kann sich mit ihr solidarisieren und trotzdem zur Messe gehen. Diese Ambivalenz fehlte mir.

Die Pizza „Bufala“ von Lidl hat mein Leben verändert. Wenn schon nicht Italien, dann immerhin Dolce Vita to go für 3 Euro.

Die letzte Staffel von „Insecure“. Die Witze sitzen, die Fashion inspiriert mich und die Figuren sind irgendwie zu meinen Freund_innen geworden. Wahnsinnig gut geschriebenes Skript!

„Auf eine Tüte“ von Hengameh Yaghoobifarah kann alles: Er unterhält mich, gibt mir Denkanstöße und ich lerne neue Leute kennen, was mir im Pandemiealltag leider abhanden kam.

„Sommergewitter“ von Pashanim. Auf einmal lief in jedem Park, in jedem Auto, überall der Song von diesem 21-jährigen Kreuzberger Rapper, den ich gar nicht auf dem Schirm hatte. Hyped im besten Sinne!

Dringend gesucht: die Debatte, wie wir die Coronakrise global lösen können.

Vegan Chai bei Mama Chabz in Kreuzberg. Im Sommer schön gekühlt zum Feierabend.

„Maid“, die Netflix-Serie über die alleinerziehende Mutter Alex. Die Serie schafft es, das Sozialsystem in den USA zu kritisieren, ohne Alex zu sehr in Opfer- oder Heldinnenrolle zu stecken.

Der taz-Podcast „Die Querulant_/:*innen“ von den Kolleginnen Ebru Taşdemir und Katrin Gottschalk ist zwar von 2020, aber er lohnt sich auch jetzt noch. Vor allem für tazler:innen.

„Süß“: In meiner Instagram-Bubble ist das Buch von Tlusty allgegenwärtig. Der Hype ist berechtigt. Tlusty setzt feministische Diskurse in eine Perspektive, die ich so noch nicht kannte.

Platz Nummer 1 der unnötigsten Debatte: Das Fehlen von bayerischen Ministern. Ja, lol, was ist eigentlich mit der politischen Diskriminierung von Bayern? Bavaria First isch halt over and out – herrje.

Für immer Nudeln mit Pesto und Parmesan. Funktioniert mit ’nem Kind aufm Arm, Telefon am Ohr und ist die beste Antihaltung gegen diesen Kochwahnsinn seit der Pandemie. Sorry, aber was ist los bei euch.

Die Comedyshow „LOL: Last One Laughing“. Klar, nicht alle Einlagen sind hohe Comedykunst, aber wenn Teddy die Mona Lisa spielt, kann man nur schwer nicht lachen. Und vor allem Impfgegner und Co vergessen.

Ich war nie ein Fan, aber der Podcast von Tom und Bill Kaulitz, „Kaulitz Hills“, unterhält mich: irgendwas zwischen quatschigem Klatsch, Medienkritik und ernstem Auseinandersetzen mit der Musikbranche.

TV-Reboots waren dieses Jahr ein großes Ding, gefühlt haben alle noch einmal einen Versuch gewagt. Jetzt reihte sich auch noch „Sex and the City“ ein. Aber wir sind uns doch einig, aufgewärmt funktioniert nicht.

Gendern – keine Debatte ist so redundant, so anstrengend und so voller Falschaussagen wie die über geschlechtergerechte Sprache. Welcher Feuilletonboy 2022 den ersten Gendertext schreibt, hat verloren, ey.

Chicken Korma vom indisch-pakistanischen Restaurant um die Ecke

„Ted Lasso“, wenn ich Lust auf nette Menschen hatte. „Selling Sunset“, wenn ich Lust auf Drama hatte. „Insecure“, wenn es einfach eine richtig gute Serie sein sollte.

Als Podcast-Spätzünderin konnte ich zwar jahrelang nicht mitreden, aber habe dafür jetzt viel Programm zum Nachholen. Dieses Jahr: Serial, Staffel 1.

P. S.: Ich glaube, er ist schuldig.

Gefühlt haben im Frühling die Menschen nur über eines gesprochen: Princess Charming“. Und der Hype um die lesbische Datingshow war mehr als verdient – zum Glück kommt im neuen Jahr eine zweite Staffel.

Der Kanzler-Wahlkampf: Dass Laschet es nicht kann, wurde klar; dass Baerbock es noch nicht kann, wurde klar; und dass Söder ein verantwortungsloser Dampfplauderer ist, sollte nicht vergessen werden.

Die Linkspartei war die bequeme Illusion, man müsse für die leckere Revolution nicht alles selber machen. Wie bei missglückten Gerichten üblich, wird nun mit national-dumpfer Pampe angedickt. Viel Spaß im Kühlregal.

Enttäuschung of the year: „Foundation“; noch enttäuschender war nur, dass kritische Analysen fast nur in englischsprachigen Medien zu finden waren. Schön war „Beforeigners“. Noch schöner ist, dass es 2022 weitergehen soll.

„Figarinos Fahrradladen“ vom MDR. Inzwischen frage ich die Tochter, ob es neue Folgen gibt. So lustig war lernen selten wie mit diesem schüchternen Schrauber und seinem verfressenen Kater.

Auf dem Weg zu U-Bahn trällert es beständig: „Du hast den Farbfilm vergessen.“ Und dann singt meine Tochter noch, dass es für sie rote Rosen regnen soll. Das nennt man wohl Ermächtigung. Zum letzten Mal: Danke, Merkel!

#LaschetLacht: Hat er gelacht? Durfte er lachen? Darf man darüber sinnieren, ob er lachen durfte? Flutkatastrophe meets Wahlkampf: diskursiv absolut unnötig. Wie sind wir auf künftige Extremwetter vorbereitet? Das wäre spannend…

McDonald’s, seit 40 Jahren.

Sozialkritik ohne Sozialkitsch: „Tinamobil“ (ARD) erzählt vom Alltag einer Familie an der Armutsgrenze. Seltener Realismus im deutschen Fernsehen. Ist noch in der Mediathek!

Der „Couchreport“: der Podcast von taz zwei über Gesellschaft, Popkultur und Medien. Gerade erst ein halbes Jahr alt, schon jetzt ein Fan Favorite. Erscheint alle vier Wochen, immer freitags.

„Clubhouse“, wissen Sie noch? Die App, in der sich Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow einst nachts verlief und aus Versehen dem Welt-Chef (jetzt Bild-Chef) ungezogenes Zeug ins Ohr flüsterte? Das war’s dann auch damit.

Mit #DeutschrapMeToo und #KonsequenzenFürLuke ging es um Machtgefälle und sexualisierte Gewalt – so wichtig! Schade nur, dass wir trotzdem im Umgang mit diesen Themen nicht viel weitergekommen sind.

Wenn ich glutenfreie, laktosefreie, vegetarische Lasagne mache, tue ich nicht nur meinem Organismus, sondern auch meiner Psyche was Gutes. Mein Signature-Dish des Jahres. Aufwand lohnt sich.

„Vida“ auf Starzplay ist zwar schon ein bisschen älter, macht aber nicht weniger süchtig. Ich hab sie sogar mehrmals geschaut, was bei Serien sonst fast nie vorkommt.

Nach der Lektüre von Jessica Ferns „Polysecure“ bin ich auf den Podcast „Multiamory“ gestoßen, ein toller Podcast über nichtmonogame Beziehungsweisen. Gute Themen, gute Recherche, cute Hosts.

Dass „Clubhouse“ und jetzt „Twitter-Spaces“ sich nicht richtig durchsetzen, erleichtert mich extrem. Hab’s mir nie genauer angeguckt, aber das Konzept ist schon ein großer Abturn.

2021 hieß es wieder Spargel statt Menschenwürde. Journalistische Recherche hat die Ausbeutung osteuropäischer Ar­bei­te­r:in­nen erst sichtbar gemacht. Mein wahrscheinlich utopischer Wunsch fürs neue Jahr: Weniger Spargel!

Das Schlemmerfilet. Aber nur das Original: Bordelaise. Hat schon gut als Mittag- und Abendessen funktioniert, als ich Schlüsselkind war. War das perfekte und vor allem unkomplizierteste Gericht im Coronajahr.

Bis ich mich auf neue Serien einlasse, dauert es manchmal Jahre. Auch bei „Bridgerton“ war es so, aber dann war ich süchtig. Weil es einfach zu konsumieren war: Wenig Tiefgang, dafür schöne Menschen und Kostüme und viel Sex.

„Rätsel des Unbewussten. Ein Podcast zu Psychoanalyse und Psychotherapie“. Wegen dieses Podcasts habe ich überhaupt erst wieder angefangen, Podcasts zu hören.

#meinNaziHintergrund. In sozialen Medien teilten Leute Fotos von ihren Wehrmachtsopas und wollten so zeigen, dass sie ihre deutsche Vergangenheit toll aufarbeiten. Stabile woke Deutsche, die ich nicht gebraucht hätte.

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